Entscheider eines Unternehmens müssen nicht immer die besten Analysten für die hauseigene Führungsriege sein. Leadership Advisory: Birgitta Vogtt und Professorin Charlotte von Bernstorff, Spencer Stuart, erläutern, wie der Blick von außen bei der Entwicklung von Führungskräften helfen kann.
Geopolitische Krisen, technologische Anforderungen oder strategische Ereignisse wie Unternehmenszusammenschlüsse und Übernahmen zwingen Unternehmen dazu, sich ständig und immer schneller zu verändern und anzupassen. Führungskräfte müssen diese Veränderungen nicht nur mittragen, sondern vorhersehen, vorbereiten und initiieren.
Neben den Kunden ist somit die Führungsstärke der Eckpfeiler jeder erfolgreichen Organisation. Die entscheidende Frage ist, welche Art von Führung es für den spezifischen Unternehmenskontext braucht, welche Eigenschaften und Fähigkeiten Führungskräfte bereits mitbringen, welche sich noch entfalten und welche sie sich noch aneignen müssen.
Ein Blick von außen unterstützt eine gute Entwicklung nach innen
Echte Veränderungen sind nur möglich, wenn sich „Systeme“ – seien es Organisationen, Teams oder die Führungskräfte selbst – wandeln. Dabei hilft ein professioneller und neutraler Blick von außen. Der Leadership Advisory als führungsbezogene Beratungsleistung kommt hier eine verantwortungsvolle Rolle zu: Ähnlich wie in familiären Kontexten, in denen Erwachsene ihren Kindern – trotz bzw. wegen ihrer (Für-)sorge – nicht immer die besten Ratgeber sind, müssen Entscheider eines Unternehmens nicht immer die besten Analysten für die hauseigene Führungsriege sein.
Der Blickwinkel der Mitglieder innerhalb einer Organisation ist meist durch persönliche Neigungen, Beziehungen und soziale Dynamiken beeinflusst und damit begrenzt. Als Folge werden Entscheidungen häufig subjektiv und auf einer eingeschränkten Informationslage getroffen. Das kann dazu führen, dass Veränderungsmaßnahmen in Bezug auf das eigentliche Ziel wirkungslos bleiben oder nur marginale Effekte erreichen.
Oft lassen erst Impulse von außen den gewünschten disruptiven Wandel zu. Gerade wenn es um die Auswahl und Entwicklung von Schlüsselpersonen im Unternehmen geht, können die Perspektiven und Analysen externer Partner eine objektive Basis für Maßnahmen jedweder Art sein – sei es Weiterbildung, Kulturarbeit oder Team Learning. So kann an den richtigen Stellen angesetzt werden und so können Führungskräfte mit dem ausgestattet werden, was sie (noch) brauchen, um kritische Entscheidungen zu fällen und ihre Mitarbeiter und Teams erfolgreich zu führen.
Leadership Advisory – ein Hebel für die strategische Weiterentwicklung von Führungskräften
Leadership Advisory konzentriert sich ganzheitlich auf die individuelle Führungskraft – in einem spezifischen organisationalen Kontext. Assessments sind der Kern der Analyse. Hier wird modell- und datengetrieben ein Bild eingeholt: Wie tickt und was kann eine Führungskraft jetzt und zukünftig im Vergleich zu den an sie gestellten Anforderungen? Dabei ermöglicht die Verbindung von Persönlichkeit, Potenzial und Werten eine Einschätzung darüber, worauf die Führungskraft zugreift, welche Ressourcen noch im Verborgenen liegen und auf welche Weise sie entfaltet werden können.
Darüber hinaus geht es immer auch um die Berücksichtigung des Umfelds, in dem sich eine Person oder ein Team bewegt und zukünftig bewegen soll. Zahlreiche Studien zeigen, dass die Unternehmens- und Führungskultur maßgeblich über die Zufriedenheit und Performance von Mitarbeitenden bestimmen. Das „Cultural Alignment“ der Eigenschaften einer Person mit den Eigenschaften ihres Umfelds, besonders wenn es um enge Teamarbeit geht, ist daher essenziell.
Für welche Kultur steht die Führungskraft? Wie kann eine einzelne Führungskraft die angestrebte Team- oder Unternehmenskultur fördern? Dafür werden Persönlichkeits-ausprägungen und Motivatoren als Indikator für die Werte einer Person erfasst und den Werten der Unternehmenskultur gegenübergestellt.
Entwicklung ist Kür und keine Standard-Maßnahme
Während Leadership Assessments nach einem transparenten Verfahren mit validierten Methoden ablaufen sollten, um Fairness und Vergleichbarkeit zu sichern, besteht der Wert der Assessments im Rahmen des Leadership Advisory in maßgeschneiderten Entwicklungsmaßnahmen, die erst nach genauer Kenntnis der individuellen Bedürfnisse zielgerichtet abgeleitet werden können. Diese reichen von persönlicher Guidance, zum Beispiel Coaching und Mentoring, über neue Arbeitsmodelle oder Rollenwechsel bis hin zu Auslandsaufenthalten oder Sonderprojekten.
Wie das in der Praxis aussehen kann, möchten wir mit folgendem Beispiel verdeutlichen:
Ausgangslage: Angesichts der Notwendigkeit, sich in eine lernende Organisation zu verwandeln, die mit den Softwareanbietern auf dem Automobilmarkt konkurrieren kann, wandte sich ein Kunde an uns, um umfassende Unterstützung bei der Transformation zu erhalten. Als einer der stärksten Transformationshebel wurde das Führungsteam identifiziert. Die 270 Führungskräfte wurden bewertet, die Unternehmenskultur gemessen und auf der Grundlage der Bewertungsergebnisse haben wir ein Entwicklungsprogramm entworfen, das sich auf die Fähigkeiten zur Förderung der Transformation konzentriert.
Ergebnis: Sechs maßgeschneiderte Entwicklungspfade, die auf sechs Fähigkeiten abzielen, die für die Transformation der Organisation erforderlich sind, wurden konzipiert und eingeführt. Durch die Einbindung der Top-Führungskräfte und des Vorstands war der Start des Entwicklungsprogramms ein großer Sprung in der Transformation der Organisation – vor allem, weil sich das Programm durch seinen ko-kreativen Ansatz von den üblichen Entwicklungsprogrammen abhob. Auf der Basis der erhobenen Daten war es zudem möglich, noch sehr junge Führungs-Talente zu identifizieren, die erst durch das Assessment sichtbar wurden, und die nun gezielt gefördert und z.B. für Sonderprojekte eingesetzt werden können.
Oft wird „Entwicklung“ in Organisationen – auch auf Führungsebene – noch als „Training für alle“ verstanden und setzt damit nicht dort an, wo Menschen eigentlich Entwicklung brauchen. Die Berücksichtigung von individuellen Lernpräferenzen ist anspruchsvoller als reine Trainings, die quasi mit der Gießkanne verteilt werden. Gute Entwicklung ist deshalb vor allem Chefsache. HR-Verantwortliche tun gut daran, Vorgesetzte ins Boot zu holen. Damit erreichen sie nicht nur Unterstützung, sondern zumeist auch mehr Akzeptanz und Sichtbarkeit der wertvollen Personalarbeit im Unternehmen.
Die Autorinnen:
Birgitta Vogtt und Prof. Charlotte von Bernstorff sind Beraterinnen im deutschen Büro von Spencer Stuart und Mitglieder der europäischen Leadership Advisory Services Practice des Unternehmens. Ihr Schwerpunkt liegt auf den Themen Leadership Development, Team Effectiveness und Nachfolgeplanung.
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