Corporate Rebels: „Eine Kultur des Andersdenkens fördern“

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Wie Corporate Rebels Unternehmen aus dem Dornröschenschlaf wecken und warum es dafür mutige Führungskräfte braucht. Gabriele Fanta, CHRO beim internationalen Technologiekonzern Körber, über Kultur und Führung als entscheidende Instrumente der Mitarbeitergewinnung und -bindung.

Die Arbeitswelt ist im Wandel. Der wachsende Fachkräftemangel treibt Unternehmen an, sich neu aufzustellen im Kampf um die besten Talente. Es braucht längst mehr als Kicker, Obstkorb und Homeoffice, um Kandidaten von sich zu überzeugen und Mitarbeitende zu halten. Entscheidend ist vielmehr die gelebte Kultur des Unternehmens, sie ist die wichtigste Währung im Kampf um Talente und macht den Unterschied, wenn es darum geht, welchem Arbeitgeber der Mitarbeiter seine Loyalität schenkt.

Gerade in Zeiten von VUCA (Akronym für die Begriffe volatility, uncertainty, complexity and ambiguity) ist eine passende Kultur wichtiger als zuvor. Sie ist der Magnet, der innovative und leistungsstarke Personen anzieht und bindet.

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Firmenkultur braucht Mut und Role Models

Neben flexiblen Arbeitsbedingungen erwarten Mitarbeiterinnen / Mitarbeiter eine moderne und wertschätzende Führungskultur. Gleichzeitig legen viele Arbeitgeber Wert auf ein innovatives und unternehmerisches Denken ihrer Mitarbeiter. Körber setzt daher sowohl bei der Mitarbeitergewinnung als auch bei deren Entwicklung darauf, eine Kultur des Andersdenkens zu fördern.

Das bedingt bereits die rund 75-jährige Unternehmensgeschichte des Technologiekonzerns. Schon der Gründer und Unternehmer Kurt A. Körber hat Zeit seines Lebens immer wieder bewusst den Status-quo in Frage gestellt, Neues ausprobiert und aus diesem Mindset heraus über 200 Patente angemeldet.

Um eine Kultur zu schaffen, die diese Erfolgsgeschichte fortschreibt, braucht es vor allem Mut. Mut für offenen Dialog, für eine konstruktive Fehlerkultur und die Souveränität, Dissens auszuhalten. Eine wichtige Rolle spielen hier vor allem die Führungskräfte, sie nehmen ein Vorbildfunktion ein.

Die Frage, wie viel Unangepasstheit Führungskräfte selbst an den Tag legen dürfen, wird dabei immer häufiger als Erfolgsfaktor diskutiert. Führungskräfte, die unkonventionelle Ideen einbringen und die den Mut haben, neue Wege zu gehen, sind der Motor des zukünftigen Unternehmenserfolgs.

Corporate Rebels: Unangepasstheit als Innovationsmotor

Körber setzt sowohl bei den Führungskräften als auch bei den Teams an: Ein wichtiges Instrument sind die fünf Führungsprinzipen. Wobei zwei dieser fünf für die Kulturbildung besonders relevant sind. Zum einen das Prinzip „Wir fördern Vielfalt”, das bewusst dazu ermutigt, Meinungsvielfalt zuzulassen, die Wertschätzung für heterogene Impulse und das Befähigen und Bestärken der Mitarbeitenden.

Gemeinsam mit den rund 13.000 Mitarbeitenden entwickelt Körber aktuell ergänzende Teamleitlinien, die dabei helfen sollen, die Unternehmenskultur noch weiter zu formen. Das wiederum soll Menschen ansprechen, die Lust auf diese Kultur und Führung auf Augenhöhe haben, sogenannte „Corporate Rebels“.

Dies sind die kritischen Stimmen, die Abweichler in Unternehmen, deren Ideen Neues vorantreiben. Menschen mit neuen Ideen, kritischen Anregungen und Änderungsvorschlägen werden oft als Störenfriede gebrandmarkt. Dabei sind es genau diese Personen, die oft einen wichtigen Beitrag für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens liefern.

Das zweite für die Kultur wichtige Führungsprinzip lautet “Wir sind Unternehmer”. Unternehmertum an sich setzt schon eine gewisse Risikobereitschaft voraus, die Bereitschaft Fehler zu machen, daraus zu lernen, um etwas zu schaffen, das Relevanz für den Kunden hat. Nur so kann eine Kultur des positiven Scheiterns entstehen, der disruptiven Talenten Möglichkeiten bietet, statt strikte Rahmen setzt.

Die eigene Persönlichkeit einbringen

Ziel sollte sein, dass sich jeder mit seiner individuellen Persönlichkeit einbringen kann und so zur Innovationskraft und zum Erfolg des Unternehmens beiträgt. Hier sind erneut und insbesondere die Führungskräfte gefragt: Sie müssen in der Lage sein, vertrauensvoll zu agieren, also einen Rahmen zu schaffen, der die Entwicklung jede(s) Einzelnen fördert und seine / ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigt. Wenn immer mehr Menschen im Corporate-Kontext darauf vertrauen können, dass sie absolut sie selbst sein können, dann funktioniert auch das “Nullachtfünfzehn-Führen” nicht mehr und die Öffnung für ein Andersdenken ist quasi ein notwendiges Ergebnis.

Flexibilität statt etablierter Denkmuster

Es braucht kritische Stimmen im Konzern, damit wirkliche Innovation entstehen kann. Sie zu identifizieren, ist nicht immer einfach. Dabei macht der Blick nach innen durchaus Sinn. Denn hat man diese disruptiven Talente im Konzern erst einmal gefunden, kann man sie dazu nutzen, kulturelle Veränderungen auch in einem anderen Unternehmensbereich voranzutreiben, zum Beispiel dort, wo noch ein eher traditionelles Kulturbild gelebt wird. Was disruptive Talente mitbringen, ist oft ein gesteigertes Maß an Flexibilität. Wieso sollten Sie also nur punktuell und nicht an verschiedenen Stellen im Unternehmen wirken? Freiraum spielt eine große Rolle für Corporate Rebels.

Will man disruptive Talente extern finden, gilt es bei der Personalauswahl darauf zu achten, wie angepasst jemand ist oder führt. Insgesamt erfordert die Identifizierung dieser Talente viel Zeit und Ressourcen. Doch ihr Potenzial, das Unternehmen voranzubringen, indem sie etablierte Denkmuster herausfordern und innovative Ideen einbringen, macht den Aufwand lohnenswert.

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Foto Gabriele Fanta

Gabriele Fanta leitet seit 2020 als Chief Human Resources Officer (CHRO) den Bereich Human Resources für den Technologiekonzern Körber. Hier ist sie weltweit verantwortlich für den Personalbereich, die Personalentwicklung und das Employer Branding. Vor ihrer Zeit bei Körber war sie unter anderem bei Daimler, McDonalds und zuletzt als Leiterin des globalen Personalbereichs bei Sixt tätig. Sie gehört zu den 40 over 40 2022 und ist somit eine von Deutschlands inspirierendsten weiblichen Führungskräften des Jahres. Foto: © Enver Hirsch

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