Wirksame Lernerlebnisse schaffen, Irrtümer entrümpeln

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Irrtümer über das Lernen werden in so manchen Unternehmen liebevoll gehegt. Drei davon zählt Mario Perilli auf. Der Lead Learning & Development bei Stagg & Friends schildert hier detailliert, wie HR echte Lernerlebnisse schafft, die Produktivität, Begeisterung und Loyalität stärken.

„Eine Investition in Wissen bringt noch immer die besten Zinsen“ – Benjamin Franklin. Die Qualifizierung von Mitarbeitenden ist das einfachste Mittel, sie schnell und effektiv arbeitsfähig zu bekommen und sie langfristig zu halten. Zu qualifizieren bedeutet, ihnen gegenüber Wertschätzung auszudrücken – mehr als eine Gehaltserhöhung oder ein Firmenwagen.

ABER es handelt sich dabei nicht um eine punktuelle Aktivität, die nur für eine bestimmte Zielgruppe gilt. Qualifizierung ist ab dem ersten Tag der Unternehmenszugehörigkeit eine dauerhafte und vor allem dynamische Aktivität, die allen Mitarbeitenden, unabhängig von der konkreten Tätigkeit, zugutekommen sollte.

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Drei bekannte „Lern-Irrtümer“

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein dafür ein wenig gestiegen. An der zielführenden Umsetzung der guten Gedanken hapert es jedoch häufig noch. Der Grund? Hartnäckige Irrtümer darüber, wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden weiterqualifizieren und ihnen die Unternehmenskultur „maßgeschneidert“ näherbringen sollten.

1. Der System-Irrtum

Vorab: Der beste Lerninhalt nützt nichts, wenn er nicht über die richtigen Kanäle für die Zielgruppe schmackhaft gemacht wird. Hier gilt ganz klar: Form follows function. In der Praxis ist das aber noch nicht überall angekommen. Schon seit den späten Neunzigern suchen viele Unternehmen ihr Heil in Systemen und setzen in iterativen Schleifen Lern-Management-Systeme und später Learning-Experience-Plattformen ein, manchmal mehrere parallel oder schnell hintereinander.

Aktuell spiegelt sich dies zum Beispiel im Trend zu Learning-Experience-Plattformen wider – gerne auch KI-basiert, zum Beispiel wenn es um die Lernbedarfsanalyse geht. Was dabei niemand ausreichend berücksichtigt: Werden überhaupt für alle Teilnehmenden relevante Inhalte bereitgestellt und sind die Umweltbedingungen (Mitbestimmung, Umgang mit Lernzeit, Budget etc.) an die systemischen Umgebungen angepasst?

2. Der Content-Irrtum

Was sollen die Mitarbeitenden lernen? Auch wenn es hier meist genaue Vorstellungen von der Unternehmensführung gibt, kann der Wunsch nur selten in die Realität umgesetzt werden. Weiterqualifizierung erscheint dem Management oftmals als zu aufwendig, zu teuer oder zu langsam. Beliebte Vermeidungsstrategien in diesem Fall: Content „von der Stange“ einkaufen und maximal etwas anpassen oder ganze Bibliotheken an standardisierten Lernnuggets integrieren, die aber in der Regel gar keinen Bezug zur Arbeitsrealität der Mitarbeitenden haben.

Sehr häufig wurde in der Vergangenheit zudem das Thema digitales Lernen negativ belegt, indem man nur vermeintliche Pflichtschulungen wie Datenschutz, Compliance oder Arbeitssicherheit mit neuen Lernmethoden verknüpft hat. Dadurch haben die Mitarbeitenden neue Lernmethoden entweder als nicht passend, als verpflichtend und nicht als Benefit wahrgenommen und sich ein negatives Bild zu ihnen gebildet.

3. Der Gamification-Irrtum

Eines DER Trendthemen im Learning-Universum ist Gamification. Ein gutes Tool – wenn man es richtig einsetzt. Spoiler: Ein spröder Inhalt wird auch durch ein spielerisches Lernkonzept nicht aufgewertet. Im Gegenteil. Unternehmen setzen sich durch den falschen Einsatz von Gamification drei Risiken aus: Erstens, die Kosten. Die Produktion solcher Lerninhalte ist extrem teuer und somit bleibt wenig Budget für andere Lerninhalte übrig.

Zweitens, die Erwartungshaltung. Die Lernenden erhoffen sich durch solche Spielereien viel von ihrem Lernprozess, den nachfolgende Inhalte dann häufig nicht mehr bedienen können. Und Drittens, die Gefahr, die Ernsthaftigkeit zu verlieren. Viele Mitarbeitende fühlen sich in zu flapsigen Lernszenarien nicht ernst genommen und somit kann der gut gemeinte Ansatz sogar manchmal eine gegenteilige Wirkung auslösen.

Der Schlüssel liegt in der Wertschätzung

Viele Arbeitgeber interessiert nur, ob die Mitarbeitenden die Leistung erbringen, für die sie eingestellt wurden. Echte Wertschätzung spiegelt sich hingegen in dem Interesse und Bewusstsein wieder, dass jede(r) Angestellte einen eigenen Weiterbildungsbedarf beziehungsweise Veränderungswunsch besitzt. Dabei muss auch klar sein, dass jeder Mensch anders lernt. Und diese Individualität muss vom Arbeitgeber möglich gemacht werden, indem er einen perfect fit zwischen Lerninhalten und dem Lernenden schafft.

Der Berg muss in kleine Hügel aufgeteilt werden

Lernkonzepte sollten auch deshalb hoch modular sein. Nur so können Mitarbeitende diese gut in ihren Arbeitsalltag einbauen, ohne dass die Größe des „Lernberges“ schon Ängste auslöst. Ein zusätzlicher Vorteil von Modulen: Die Themengebiete können in jeweils unterschiedliche, zur Situation, Zielgruppe und Content passende Formate aufgeteilt werden. Und: Die Module sind unterschiedlich kombinierbar – zum Beispiel umfangreicher, wenn eine Person ganz neu in das Unternehmen kommt und weniger umfangreich, wenn nur ein Abteilungswechsel stattgefunden hat.

Der Ausgangspunkt für die Entwicklung von Lernerlebnissen darf dabei nie das sein, was das Unternehmen für sinnvoll hält, sondern muss im wahren Qualifizierungsbedarf gefunden werden. Auf dessen Basis wird dann eine Strategie entwickelt, die sich wiederum aus kleinen Strategie-Teilen – beispielsweise pro Abteilung – zusammensetzt. Schließlich sitzen in den Abteilungen unterschiedliche Skills und Bedarfe. Jedem Mitarbeitenden muss durch den Lerninhalt bewusst werden, dass er/sie mit dem Lernen und der täglichen Arbeit aktiv die Strategie mit Leben füllt. Dann empfinden sich Mitarbeitende auch als wertvoll. Stichwort Individualität.

Da aber alle Abteilungen zusammen dafür verantwortlich sind, dass die Unternehmensziele erreicht werden, bedarf es einer übergeordneten Strategie, die alles zusammenführt. Laut einer Studie von der Bitkom Akademie und den HRpepper Management Consultants sagen jedoch nur 47 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer, dass Weiterbildungsmaßnahmen in ihrem Unternehmen strategisch eingesetzt werden.

Learnings für Lernerlebnisse

Ein schlechtes – sprich weder relevantes, noch individuelles oder effizient aufgebautes – Onboarding- und Weiterentwicklungsangebot schadet der Motivation und dem Loyalitätsgefühl von Mitarbeitenden. Um jedoch in Zeiten von Fachkräftemangel und The Great Resignation als Arbeitgebermarke punkten zu können, muss die Mitarbeitenden-Qualifizierung als Teil der Unternehmensstrategie verstanden werden. Einen Wettbewerbsvorteil kreieren Unternehmen damit aber nur, wenn sie diese Erkenntnis in entsprechende Formen gießen können. Dafür braucht es Übersetzerinnen / Übersetzer, die die ökonomischen, strategischen und psychologischen Elemente miteinander vereinen.

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Foto Mario Perilli

Mario Perilli ist Lead Learning & Development bei STAGG & FRIENDS. Er entwickelt Weiterqualifizierungsstrategien für B2B-Kunden und unterstützt sie dabei, ein geeignetes und bedarfsgerechtes Qualifizierungsportolio zu entwickeln. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team kreiert er effektive Lernstrategien, -tools und -formate, die Unternehmen hinsichtlich Markt- und Mitarbeitenden-Attraktivität sichtbarer und erfolgreicher machen.

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