Uta Schröder (Country President & HR Director) erklärt, wie Sodexo Deutschland in Zeiten des Fachkräftemangels Mitarbeitende findet und bindet.
Seit Mitte 2022 fehlen über eine halbe Million qualifizierte Arbeitskräfte über alle Berufsgruppen hinweg. Das ist das Fazit eines Kurzberichts des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zum Thema „Die Berufe mit den größten Fachkräftelücken“. Dass dieser Arbeitskräftemangel Unternehmen teuer zu stehen kommt, zeigen Berechnungen der Unternehmensberatung Boston Consulting Group. So verzeichnet Deutschland jährlich 86 Milliarden Euro verlorener Wirtschaftsleistung (BCG, 2022). Unbesetzte Stellen bedeuten in vielen Branchen weniger Umsatz.
Besonders spürbar wird dieser Mangel im hart umkämpften Niedriglohnsektor. Auch Sodexo, ein Anbieter von Catering Services, Facility Management Services und Technischer Gebäudeausrüstung bei Unternehmen, Behören, Kliniken und Senioreneinrichtungen, sucht jedes Jahr Hunderte Fachkräfte. Allein in den letzten acht Monaten hat Sodexo über 300 Stellen in ganz Deutschland neu besetzt – mehrere hundert sind nach wie vor offen, darunter Positionen für Köch:innen, Küchenhilfen, Reinigungskräfte, Rezeptionistinnen / Rezeptionisten, Facility Managerinnen und -Manager, Technikerinnen / Techniker und Fachexpertinnen und -experten.
Der Arbeitsmarkt ist ein Arbeitnehmermarkt. Das stellt HR-Teams vor Herausforderungen. Flexibilität am Arbeitsplatz, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie ein solides Wertesystem sind mittlerweile Standard-Themen, die jede(n) Arbeitnehmerin / Arbeitnehmer von einem neuen Arbeitgeber erwartet. Im Kampf um Talente treffen Unternehmen immer häufiger auf Bewerbende, die aus vielen Job-Angeboten wählen können. Gleichzeitig steigt die Bereitschaft, den Arbeitgeber schneller zu wechseln.
Vor diesem Hintergrund müssen sich Unternehmen intensiv damit beschäftigen, was sie ihren Angestellten bieten wollen. Auch wir befassen uns seit Längerem mit der Frage, wie wir unsere Mitarbeitenden binden und begeistern können. Langfristige Mitarbeitendenbindung sichert nicht nur wertvolle Berufserfahrung im Unternehmen, sondern ist zunehmend eine Voraussetzung für Stabilität und Betriebskontinuität. Das Verharren in alten Denkmustern und Strukturen können sich HR-Experten nicht mehr leisten.
Warum die Investition in Mitarbeitende am Tag eins starten muss
Mein HR-Team und ich sind fest davon überzeugt: Mitarbeitendenbindung beginnt am ersten Arbeitstag. Wer eine langfristige, vertrauensvolle Zusammenarbeit anstrebt, legt die Basis direkt nach der Vertragsunterzeichnung – und nicht erst beim routinemäßigen Jahresgespräch. Ein systematischer Onboarding-Prozess sowie Schulungen und Angebote zur Fortbildung sind ein Signal an das neue Teammitglied: Hier bist du willkommen und hier kannst du wachsen. Damit ist von Anfang an die Botschaft gesetzt: Bei uns geht es um eine gemeinsame Zukunft und eine langfristige Perspektive für beide Seiten.
Dafür braucht es das richtige Mindset, auch an der Unternehmensspitze. Die Herausforderungen der letzten 24 Monate, angefangen bei den Auswirkungen der Pandemie, über den Krieg in der Ukraine und seine Folgen und nun die Inflation, sind omnipräsent, kräftezehrend und beeinflussen das Berufsleben. Umso wichtiger ist es, dass Führungskräfte gewappnet sind und selbstbewusst ihre Rollen wahrnehmen – mit Sensibilität, Empathie, Verständnis, Respekt und Transparenz.
Bei Sodexo haben wir in diesem Herbst ALLEN Führungskräften individuelle Coachings mit externen Trainern vermittelt. Hunderte Kolleginnen und Kollegen deutschlandweit machen von diesem Angebot zurzeit Gebrauch. Davon profitieren unsere Teams auf allen Ebenen. Wir sehen dies als eine zentrale Investition in unsere Belegschaft. Mit derartigen Hilfestellungen sorgen wir für eine angemessene Balance zwischen Förderung und Forderung.
Weiterbildung muss allen Levels der Organisation möglich sein
Weiterbildung muss allen Levels der Organisation möglich sein. Ein Beispiel: Sodexo hat in den letzten Jahren dutzende Küchenhilfen zu zertifizierten Köchinnen und Köchen ausgebildet. Zielgruppe sind vor allem Menschen, die sich die Ausbildung aus persönlichen Gründen nicht leisten können. Die berufliche Qualifikation über uns und unsere Partner bindet Talente – und füllt wichtige offene Stellen. Bereits ausgebildet Köchinnen und Köche haben die Möglichkeit zum „Chef Exchange“ in anderen Ländern, in denen wir tätig sind, oder nehmen an der mehrwöchigen Weiterbildung „École Culinaire“ teil.
Leadership muss nahbar sein
In einer von Unsicherheit dominierten Welt ist die Erwartung an eine offene interne Kommunikation gestiegen. Leadership muss nahbar sein. Mit „HR Live“ (ein digitales Townhallmeeting) haben wir ein monatliches Informationsformat ins Leben gerufen, das alle Kolleginnen und Kollegen zeitgleich abholt. Für ein dezentrales Unternehmen mit über 500 Betrieben in ganz Deutschland ist dies ein Kanal, der Transparenz schafft und Informationen umgehend in die Fläche trägt. Mit dieser Maßnahme und einem eigens für alle Mitarbeitenden eingerichteten HR-Sharepoint wurde Sodexo im Herbst 2022 für den „HR Excellence Award“ nominiert.
Auch für mich persönlich gilt: Nahbarkeit ist ein Grundprinzip. Regelmäßig binde ich mir die Schürze um und arbeite in einem Betrieb mit. Dies ist nicht nur ein Zeichen der Wertschätzung für die harte Arbeit der Kolleginnen und Kollegen vor Ort, sondern gibt mir einen ungeschminkten Einblick in die Herausforderungen unserer operativen Teams. Unsere Küchenhilfen, Rezeptionistinnen / Rezeptionisten und Reinigungskräfte erzählen bei der gemeinsamen Arbeit, was ihnen gefällt und wo der Schuh drückt. Dieses Feedback fließt anschließend in meine Entscheidungen ein.
Wie wir beim Recruiting umdenken
Die Zeiten, in denen man nur Bewerber einlädt, die alle Anforderungen erfüllen, sind vorbei. Für viele Jobs bei Sodexo gilt: Grundkenntnisse, Motivation, Teamgeist und der Wille, sich weiterzuentwickeln, sind ausschlaggebend – den Rest bringen wir anschließend bei. Bei potenziellen neuen Mitarbeitenden beginnt die Bindung bereits beim ersten Unternehmenskontakt. Und der muss so einfach, schnell und nahbar sein wie möglich: verständliche Stellenanzeigen auf allen Kanälen, übersichtliche Informationen zum Unternehmen und Einblicke in die gelebte Kultur.
Wir suchen Mitarbeitende in unterschiedlichen Branchen und auf verschiedenen Levels, vom Niedriglohnsektor bis hin zur Führungskraft. Bei Ersteren ist es sinnvoll, Anzeigen in unterschiedlichen Sprachen zu veröffentlichen. Nicht alle sprechen gutes Deutsch, aber sind sehr wohl hervorragende Küchenhilfen oder Reinigungskräfte mit langjähriger Erfahrung.
Wie Mitarbeitende Botschafter der Arbeitgebermarke werden
Wer zufrieden auf die bisherige Entwicklung im Unternehmen blickt, spricht positiv von seinem Arbeitgeber. Mitarbeitende sind Botschafter und tragen ihre persönliche Erfahrung im Job nach außen. Vor diesem Hintergrund rücken auch wir unsere Kolleginnen und Kollegen in den Mittelpunkt unserer „Employer Branding“-Kampagne. Ihre Geschichten zeigen besser als jede Werbebotschaft, wer wir sind.
Im Gespräch mit unseren Mitarbeitenden wird für mich immer wieder deutlich: Ein echtes Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen entsteht, wenn alle bei der Arbeit so sein dürfen, wie sie sind. Vielfältige Teams sind eine zentrale Stärke im Betriebsalltag, im Recruiting, bei der langfristigen Bindung von Talenten – und bei uns gelebte Realität.
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Uta Schröder ist seit Dezember 2021 Country President und HR Director bei Sodexo Deutschland. Als HR Director fungiert sie bereits seit April 2021. Schröder verfügt über langjährige Erfahrungen als Personalleiterin, Geschäftsführerin und Aufsichtsrätin, vornehmlich im IT- und Dienstleistungssektor. In vorherigen Stationen hatte sie bei Diebold Nixdorf und AKKA Technologies, einem französischen Technologiedienstleister, Rollen als weltweit verantwortliche Personalleiterin und Head of Labour Relations in Deutschland und Europa inne. Schröder studierte Betriebswirtschaft in Hamburg, Lüneburg und den USA. Foto: ©Volker Nothdurft