Aktuelle Führungstheorien und -konzepte

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Mit ihrem Buch „Aktuelle Führungstheorien und -konzepte“ wollen die Autorinnen und Autoren für mehr Transparenz sorgen und für das Thema „Führung“ aus wissenschaftlicher Sicht sensibilisieren. Erfahren Sie hier mehr. 

Ein Blick in die Literatur zum Thema „Führung“ lässt die Leserinnen und Leser oft ratlos zurück, denn es existiert eine nahezu unendlich scheinende Anzahl von Titeln mit zum Teil modisch klingenden neuen Führungstheorien und -konzepten. Dabei haben gerade die letzten Jahre eindrucksvoll gezeigt, wie wichtig Klarheit für Führung und Zusammenarbeit sind.

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In vorliegenden Buch beleuchten die Autorinnen und Autoren die aktuelle Entwicklung der Führungstheorien, vergessen dabei aber auch den Blick auf die aktuelle Führungspraxis nicht. Am 3. November 2022 haben die Autoren ihr Buch virtuell vorgestellt und mit Leserinnen und Lesern über ausgewählte Inhalte diskutiert. Im Vorfeld dieser Diskussion wurden einige Fragen zum Buch an die Autorinnen und Autoren gestellt, die im Folgenden wiedergegeben werden.

Frage an Irma Rybnikova: Ein Lehrbuch zum Thema Führung spielt in Wissenschaft und Ausbildung bestimmt eine große Rolle. Richtet sich das von Ihnen vorgelegt Buch auch an die Praktiker in den Unternehmen und Organisationen, die tagtäglich vor der Herausforderung stehen, Mitarbeitende zu führen? Was können diese aus Ihrem Buch entnehmen?

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Irma Rybnikova: Zwar richtet sich unser Lehrbuch zunächst an die Hochschulwelt (Lehrende, Studierende), aber wir haben es bewusst für alle Interessierten geschrieben, die zum Thema Führung und Führungstheorien Neues erfahren und lernen möchten. Somit ist das Buch auch für die Praktiker:innen in der Wirtschaft eine inspirierende Lektüre, sofern sie Anregungen suchen, wie bestimmte Konflikt- oder Problemfälle des Alltags eingeordnet und erklärt werden können – bekanntlich ein erster Schritt zur Lösung. Enttäuscht werden hingegen all jene sein, die Rezeptlösungen für tägliche Herausforderungen der Mitarbeiterführung erwarten – das bietet das Lehrbuch ganz sicher nicht.

Wir sehen Führungstheorien als unterschiedliche, systematische Sichtweisen auf Führungsprobleme, die jeweils einen eigenen Erklärungs- und manchmal auch Lösungsansatz bieten, und unsere erfahrungsgeleiteten „Alltagstheorien“ zur Führung erweitern und ergänzen können. Wie ein roter Faden zieht sich der aus der Führungspraxis übernommene „Fall Mittermayer“ durch alle Kapitel des Buches.

Indem wir den Fall Mittermayer aus der jeweiligen Führungstheorie heraus betrachten, werden die Führungstheorien gut greifbar und das Praxisbeispiel weitaus facettenreicher als zu Beginn. Auch das Kapitel „Intermezzo“ hält ein paar unerwartete Hinweise bereit, die zum Beispiel aus der Tierwelt kommen und frappierende Ähnlichkeiten zur Wirtschaftswelt haben.

Frage an Rainhart Lang: Noch ein Buch zum Thema Führung. Warum sollten Studierende und an Führungsthemen Interessierte Ihr Buch lesen? Gibt es Konzepte oder Ansätze der Führung, die Sie aufgrund Ihrer Aktualität hier besonders hervorheben wollen?

Rainhart Lang: Die klassischen Bücher und Artikel zur Führung konzentrieren sich oft auf das Handeln der Führungspersonen und den Mikrokosmos der Führungsbeziehung. Im Gegensatz dazu haben wir vor allem auch Führungstheorien und Ansätze ausgewählt, die diesen Rahmen sprengen und weitere Kontextfaktoren der Führung aus Organisation und Gesellschaft mit einbeziehen. Dazu gehören zum Beispiel die Ansätze zur geteilten und verteilten Führung, die nicht nur eine Teilung der Führung zwischen Gruppenmitgliedern im Sinne einer Partizipation, sondern auch andere Führungsinstanzen wie Führungsinstrumente, Normen, Regeln und Organisationskultur einbeziehen.

Auch das Konzept der impliziten Führungstheorien muss hier erwähnt werden. Es geht davon aus, dass Akzeptanz und Wirkung von Führung vor allem davon abhängen, welche Vorstellungen Führungskräfte und Geführte von „guter Führung“ haben. Während eine weitgehende Übereinstimmung („fit“) positive Wirkungen hat, können größere Abweichungen zu Führungsproblemen und Konflikten führen.

Frage an Viktoria Menzel: Sie haben sich mit dem Thema „Frauen und Führung“ beschäftigt. Inzwischen sind Frauen in Führungspositionen zwar keine Seltenheit mehr, sie sind jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Gibt es dafür aus wissenschaftlicher Sicht eine Begründung?

Viktoria Menzel: Ja, und nicht nur eine! In betreffenden Kapitel bieten wir eine Übersicht dieser vielfältigen Begründungen. Beispielsweise besagt das Konzept der Rolleninkongruenz von Eagly und Karau (2002), dass Frauen in Führungspositionen eine Irritation für tradierte Geschlechterrollen verursachen, so dass Frauen meist unbewusst als weniger geeignet für Führungspositionen eingeschätzt und dafür nicht berücksichtigt werden. Eine der neueren Begründungen beschreibt die Existenz einer „impliziten Geschlechterquote“.

Solange es keine verpflichtende Geschlechterquote gibt, werden die wenige Frauen im Gremium als „genug“ angesehen. Im Ergebnis wird eine Aufnahme weiterer Frauen nicht unterstützt und deren Anteil steigt nicht an. Zu erwähnen ist auch das Konzept der „gläsernen Klippe“, welches darauf hinweist, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, in eine prekäre/ungünstige Führungsposition zu gelangen, relativ hoch ist, denn das Unternehmen oder die Abteilung befinden sich dann oftmals in einer wirtschaftlichen oder (mikro)politischen Krise.

Ein Scheitern ist dann kaum zu vermeiden, und zwar nicht, weil die Kompetenzen von Frauen nicht ausreichen, sondern weil es von Beginn an ungünstige Positionen waren. Lediglich wird im Nachhinein ein solches Scheitern gern auf Frauen alleine zurückgeführt und ihnen damit ihre Führungskompetenz abgesprochen.

Frage an Peter M. Wald: Sie haben zum Buch ein Kapitel zum Thema „Virtuelle Führung“ beigesteuert. Was verstehen Sie darunter und warum dazu eigentlich ein eigenes Kapitel?

Peter M. Wald: Führungsprozesse haben insbesondere in den letzten Jahren gravierende Änderungen erfahren, die durch technologische Innovationen bei den Medien für Information und Kommunikation geprägt sind. Das Internet und die sozialen Medien haben hier eine ähnliche infrastrukturelle Rolle wie in der Vergangenheit die Elektrizität übernommen. Der zunehmende Einsatz dieser Medien ermöglicht Führung und Zusammenarbeit in geografisch und zeitlich verteilten Strukturen. Da viele der traditionellen Führungsmodelle grundsätzlich auf direkten Interaktionen basieren, sind diese nicht geeignet, um die geänderte Führung zu beschreiben.

Dabei wird virtuelle Führung hier als wechselseitige Einflussnahme zwischen Führungskräften und Geführten hauptsächlich über die erwähnten Medien verstanden. Für die Beteiligten ist es deshalb wichtig, neue Medien kompetent zu nutzen sowie ihren Einsatz auch mit physischer Präsenz zu verbinden. Damit sind wir bei den derzeit diskutierten hybriden Lösungen, das heisst den Wechsel zwischen traditioneller und virtueller Führung.

Hier ist erforderlich, passende organisatorische Lösungen zu entwickeln sowie diese systematisch und rasch zu implementieren. Die Fragen virtueller Führung erfahren darüber hinaus eine weitere Zuspitzung durch die zunehmende Nutzung von Lösungen des maschinellen Lernens bzw. der sogenannten KI-Lösungen.

Kurzvorstellung der Autorinnen / Autoren:

  • Irma Rybnikova ist Professorin für Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Personal und Organisation an der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL)
  • Rainhart Lang ist emeritierter Professor für Organisation und Arbeitswissenschaft an der TU Chemnitz
  • Peter M. Wald arbeitet als Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Personalmanagement an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig
  • Viktoria Menzel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der HSHL.

Die zum Teil intensive Diskussion zum Buch hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig der Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ist. Beide Seiten können an den jeweiligen Erfahrungen und Einblicken teilhaben und erhalten einen Praxis- und Theoriecheck. Die Autoren planen für die nächste Zeit weitere Diskussionen zum Buch, in denen jeweils ausgewählte Führungstheorien und -konzepte näher betrachtet und diskutiert werden sollen.


Aktuelle Führungstheorien und -konzepte – das Buch

Buchcover Aktuelle Führungstheorien und -konzepte

Irma Rybnikova, Rainhart Lang
Aktuelle Führungstheorien und -konzepte
Springer Gabler Wiesbaden
2., vollst. überarb. Aufl. 2021
€ 37,99 (Softcover) € 29,99 (eBook)
Softcover ISBN 978-3-658-35542-5
eBook ISBN 978-3-658-35543-2

Das Buch bietet eine Übersicht über ausgewählte aktuelle Ansätze der Führungstheorie, -forschung und -praxis. Diese besteht in jeweils: a) einer Skizze zum historischen Kontext/Entstehungszusammenhang des Ansatzes (sofern sinnvoll), b) einer Zusammenfassung der konzeptionellen Modelle, (Mess-) Methoden und empirischen Erkenntnisse, c) einer kritischen Beurteilung sowie gegebenenfalls d) Anwendungsbeispielen (Fallstudien).


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Peter M. Wald

Prof. Dr. Peter M. Wald studierte von 1981 bis 1985 und promovierte 1988. Ab 1991 war er im Bereich Human Resources von nationalen und internationalen Unternehmen und ab 2002 als Professor an der HTW Dresden tätig. Seit 2009 ist er Professor für Personalmanagement an der Fakultät Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig. Er ist Autor und Co-Autor verschiedener Beiträge zu den Themenbereichen Recruiting/Candidate Experience sowie Arbeit 4.0. In der Forschung interessiert ihn vor allem der Einsatz digitaler Medien bei der Mitarbeiterführung. Prof. Wald ist aktiver Twitterati und bloggt im eigenen Leipziger HRM-Blog.

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