Was können HR-Verantwortliche tun, um ihren Teams auch in Krisenzeiten ein gutes Gefühl zu geben? Melanie Hansen, Head of HR bei cormes, über Employee Wellbeing 2022.
Zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind essenziell für jedes Unternehmen. Schon längst haben Studien bestätigt, dass glückliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer produktiver sind und auch weitaus mehr Engagement bei der Arbeit zeigen. Umso wichtiger ist es für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, fortwährend etwas für das Wohlbefinden des eigenen Teams zu tun. Gerade in Krisenzeiten – wie wir sie aktuell erleben mit einer Pandemie und einem Krieg nicht unweit von uns – ist es wichtig, sich um die Zufriedenheit von Mitarbeitenden zu kümmern. Doch wie kann dieses Wellbeing innerhalb eines Unternehmens überprüft werden und was können Arbeitgeberinnen / Arbeitgeber und HR-Verantwortliche tun, damit sie ihren Teams auch in Krisenzeiten ein gutes Gefühl geben können?
Employee Wellbeing – eine Definitionsfrage?
Gerade zum Thema Wohlbefinden am Arbeitsplatz existiert bereits eine Handvoll von Metriken, um die Zufriedenheit eines Teams zu messen. So können beispielsweise Werte – wie die Fluktuationsrate, Krankheitstage oder das Maß an geleisteten Überstunden Indikatoren dafür sein, dass Angestellte gestresst, unzufrieden oder anfällig sind und sich wahrscheinlich weniger wohl in einem Unternehmen fühlen. Auch Ratings, die regelmäßig eingeholt werden, können dazu beitragen, dass man einen Eindruck vom Wohlbefinden des Teams bekommt. Das Hinterfragen von individuellen Produktivitätslevels kann zusätzlich Aufschluss darüber geben, ob sich ein Teammitglied vielleicht gerade überfordert oder ausgebrannt fühlt.
Herausfordernd besonders in Remote-Zeiten: Zugehörigkeit schaffen
Das Gefühl von Zugehörigkeit gehört zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen. Damit sich ein Teammitglied wirklich wohlfühlt, braucht es das Gefühl von Akzeptanz. Dieses muss besonders bei neuen Mitarbeitenden erst einmal entstehen. Doch in Zeiten von Remote-Work bekommen auch Kolleginnen und Kollegen, die sich schon länger im Unternehmen befinden, das Gefühl, keine Verbindung (mehr) zu ihren Vorgesetzten und Teamkolleginnen / -kollegen zu haben.
Arbeitgeberinnen / Arbeitgeber sollten daher darauf achten, dass auch Mitarbeitende, die am liebsten im Homeoffice arbeiten, sich ab und an im Büro blicken lassen. Denn am Ende können Slack & Co. kein persönliches Gespräch ersetzen. Gerade Teamkolleginnen / -kollegen, die sehr unsicher sind, können Nachrichten aller Art auch fehlinterpretieren. Zugehörigkeit entsteht durch gemeinsame Aktivitäten. Virtuelle oder auch analoge Lunchdates können dabei helfen, den richtigen Teamspirit herzustellen.
Sicherheit als zentrale Motivation für Zufriedenheit
In Krisenzeiten ist das Bedürfnis nach Sicherheit besonders groß. In vielen Branchen wurde seit der Corona-Krise radikal wegrationalisiert. Mitarbeitende wollen nicht nur eine angemessene Vergütung erhalten und eine abwechslungsreiche Tätigkeit, sondern sind mehr denn je auf der Suche nach Arbeitgebenden, auf die sie sich verlassen können. Ist das eigene Arbeitsverhältnis von der Angst geprägt, dass man seinen Arbeitsplatz jederzeit verlieren könnte, dann führt dies nicht nur zu Unzufriedenheit, sondern auch zu Misstrauen zwischen Unternehmen und ihren Angestellten. Firmen sollten daher darauf achten, dass sie jederzeit transparent kommunizieren, wenn und warum Personalentscheidungen getroffen werden. Wird gefühlt monatlich jemand gekündigt, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich auch der Rest des Teams eine Anstellung mit weniger prekären Rahmenbedingungen sucht.
Die Feedbackkultur sollte auf Vertrauen bauen
Wie in jeder Beziehung sollte auch das Verhältnis zwischen Unternehmen und seinen Angestellten in erster Linie von Vertrauen geprägt sein. Denn nur wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, sich jederzeit jemanden anvertrauen zu können, sind sie bereit, sich zu öffnen, wenn es ihnen nicht gut geht. Als Head of HR bin ich für viele in unserem Team diese Vertrauensperson neben den Führungskräften. Regelmäßig kommuniziere ich, dass sich alle Kolleginnen und Kollegen neben ihren Teamleads auch jederzeit vertrauensvoll mit ihren Sorgen an mich wenden können.
Selbstverständlich führen die meisten Firmen Mitarbeitergespräche, in denen sie Feedback einholen. Doch ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Mitarbeitende derlei Gespräche selten nutzen, um ihr physisches oder auch mentales Wohlbefinden zu thematisieren. Umso öfter erfahre ich stattdessen bei spontanen und unverbindlichen Gesprächen “zwischen Tür und Angel”, wenn es einem Mitglied aus unserem Team nicht gut geht.
Unternehmen und Führungskräfte sollten unbedingt auch außerhalb gesetzter Termine wie Feedbackgesprächen zeigen, dass sie ein empathisches Wort und ein offenes Ohr für ihre Angestellten haben. Eine offene, vertrauensvolle Kommunikations- und Feedbackkultur legt daher gerade in Krisenzeiten den Grundpfeiler für das Wellbeing des gesamten Teams.
Individuelle Maßnahmen für individuelle Bedürfnisse
Haben sich Mitarbeitende geöffnet, dann gilt es im nächsten Schritt gemeinsam herauszufinden, was beide Parteien dafür tun können, damit sich jemand wieder wohlfühlt. Gerade größere Unternehmen meinen mit kostspieligen Mitarbeiterinnen/Mitarbeiter-Benefits wie Mitgliedschaften bei Anbietern für Sportkursen, Massagen, kostenfreien Getränken und womöglich noch einem Billardtisch die allumfassende Lösung gegen mentales und körperliches Unwohlsein oder Burn-out geschaffen zu haben.
Doch oftmals ist es sinnvoller, individuell zu definieren, was eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter überhaupt braucht. Gerade in Krisenzeiten sollten auch die mentalen Bedürfnisse des Teams im Vordergrund stehen. Welchem Mitarbeitenden nützt der tollste Sportkurs, wenn er oder sie sich sowieso noch nie für Sport begeistern konnte und sich zurzeit einfach nicht gesehen oder wertgeschätzt fühlt.
Unternehmen sollten daher überprüfen, ob es nicht auch die kleinen Dinge sind, die gerade in Krisenzeiten zum Wellbeing des Teams beitragen können. Dazu könnte zum Beispiel Vertrauensurlaub gehören, etwas für die Homeoffice-Ausstattung oder ein wöchentliches Mittagslunch auf Kosten der Firma. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber können außerdem auch über gemeinsame Monatsspenden nachdenken und so ihrem Team die Möglichkeit geben, an Hilfsprojekten teilzunehmen. Auch das Gewähren von Sonderurlaub, damit sich Mitarbeitende ehrenamtlich engagieren können, kann dazu beitragen, dass sich ein Teammitglied bei einem Unternehmen wohl und gesehen fühlt.
Wertschätzung als elementarer Wert
Bei der Frage nach dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden geht es darum, zu reflektieren, wie Geschäftsführende ihrem Team das Gefühl vermitteln, dass ihre Arbeit wert- und sinnstiftend ist. Viele Mitarbeitende sind pandemiemüde und beunruhigt von der politischen Situation in Europa. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sollten sich immer wieder ins Gedächtnis rufen, wie wichtig Gesundheit, Glück und Zufriedenheit der eigenen Mitarbeitenden sind und wie wichtig es ist, diesen regelmäßig Wertschätzung und Dank auszudrücken. Ein persönliches Dankeschön kann manchmal mehr Wert sein als eine vorformulierte Message in einem weiteren digitalen Feedbacktool. Auch die eigenen Unternehmenswerte sollten Wertschätzung und Vertrauen umfassen und Mitarbeitende sollten sich jederzeit mit diesen identifizieren können.
Fazit: Jedes Unternehmen kann etwas fürs Employee Wellbeing tun
Jede Organisation oder Firma – vollkommen unabhängig von Größe oder finanziellen Mitteln – kann individuell etwas für das Wohlbefinden der Angestellten tun. Dabei sollte eine offene, vertrauensvolle Kommunikations- und Feedbackkultur an erster Stelle stehen. Gerade in Krisenzeiten sollten Firmen individuell abgleichen, inwiefern sie Maßnahmen treffen können, die positiv auf die Work-Life-Balance und das Wellbeing der Mitarbeitenden einzahlen. In meiner Erfahrung sind Benefit-Programme jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Das Fundament bleibt im wertschätzenden, vertrauensvollen Umgang miteinander.
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Melanie Hansen studierte Ethnologie und Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und absolviert aktuell einen berufsbegleitenden Master in Human Resource Management an der Fachhochschule für Ökonomie und Management. Seit 2019 ist sie Teil vom #TEAMCORMES und dort als Head of HR für den Aufbau und die Weiterentwicklung des HR-Bereichs verantwortlich. cormes ist ein Marketing- und Mediennetzwerk aus Berlin. Das Netzwerk umfasst verschiedene Marken und Agenturen, die mit einer jeweils eigenen Spezialisierung auf unterschiedlichen Feldern aktiv sind.