Menschlichkeit und Empathie sind die wichtigsten Zutaten, sagt Elise Müller von Spryker. Welche Punkte Sie noch bei der Führung dezentraler Teams beachten sollten, erfahren Sie hier.
In der aktuellen Situation stellt das Thema dezentrale Führung eine große Herausforderung für viele Führungskräfte dar. Ganz besonders spüren dies Unternehmen, die zuvor kaum remote gearbeitet habe, heute aber auch gut fernab vom Büro funktionieren müssen.
Bei Spryker sind wir innerhalb von neun Monaten in 19 Länder expandiert, insgesamt operieren wir in über 28 Ländern auf vier Kontinenten. Das Thema dezentrale Führung wurde deshalb innerhalb kürzester Zeit zur absoluten Priorität. Wer diese fünf Punkte beachtet, kann auch dezentrale Teams führen:
1. Führung dezentraler Teams fängt mit geschulter Kommunikation an
Das Gefühl, von der Führungskraft verstanden zu werden, ist essentiell für die Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Dieses Gefühl fängt schon bei Tag Null an – nämlich im Recruiting-Prozess. Vor allem in Gesprächen mit Bewerberinnen und Bewerbern aus anderen Ländern ist es besonders wichtig, dass interkulturelle Unterschiede nicht zu einer Hürde werden. Alle am Interview beteiligten Personen sollten entsprechend darauf vorbereitet sein und jede Führungskraft sollte interkulturelle Kompetenztrainings erhalten.
Aber auch über diese interkulturellen Unterschiede hinaus spielt Kommunikation in der Führung eine wichtige Rolle: Es ist vermutlich besser, einmal zu viel nachzufragen als einmal zu wenig. Letztlich sollte jede/-r im Unternehmen verstehen, dass Kommunikation das A und O ist – und nicht nur den Projekterfolg sichert, sondern auch den Zusammenhalt und das Verständnis fördern kann.
2. Raum für Zwischenmenschliches geben
Wenn die Unternehmenskultur zu einem Großteil remote funktioniert, muss auch Führung auf Distanz möglich sein. Dazu gehört ganz besonders auch, dass Zwischenmenschliches nicht zu kurz kommen darf. Zwischen all den Business-Meetings muss bewusst Raum geschaffen werden für persönliche Gespräche: Wie geht es meinem Team? Was bewegt die Mitarbeitenden? Gibt es gemeinsame Themen oder Problemfelder, die sich anbahnen, von denen ich als Führungskraft wissen sollte? Diese Fragen ließen sich im Büro vielleicht noch durch Flurfunk mitbekommen.
Doch spontane und zufällige Zusammentreffen sind remote schlecht zu ersetzen – auch wenn es hierfür interessante digitale Alternativen wie das Lunch-Roulette gibt. Es klingt nach einem kleinen Baustein, aber bewirkt doch einiges: Wir nutzen die ersten Minuten des Meetings explizit für Smalltalk. Andere danach zu fragen, wie es ihnen geht, was sie aktuell bewegt oder worauf sie sich am Wochenende freuen – das schafft menschliche Nahbarkeit, gerade in Zeiten der physischen Distanz.
Zudem haben wir während der Pandemie zusätzliche Slack-Kanäle geschaffen, in denen sich Mitarbeitende zu Themen aus ihrem täglichen Leben austauschen – manche teilen Haustierfotos, andere tauschen Kochrezepte.
3. Team-Zusammenkünfte ermöglichen
Alle Mitarbeitenden sollten die Möglichkeit haben, sich fernab des Bildschirms kennenzulernen. Treffen in Persona ermöglichen es, ein holistisches Verständnis des Gegenübers zu bekommen und Raum für einen tieferern Austausch zu schaffen.
„Warum arbeitet und reagiert die Person so, wie sie es gerade tut?“ – dieser Frage kommt man durch persönliche Treffen oft näher. In einigen Unternehmen werden Teamevents erst dann organisiert, wenn es Konflikte gibt. Doch auch davor, als Grundstein des Zusammenarbeitens, sind solche Zusammenkünfte wichtig.
Bei Spryker haben wir beispielsweise einen Wochenendtrip organisiert, um allen Sprykees (so nennen wir unsere Mitarbeitenden) die Möglichkeit zu geben, sich auch abseits des Bildschirms kennenzulernen. Es gab einige Team-Challenges, wir haben an Utensilien gemeinsam gebastelt, die später auch für unser Sommerfest gebraucht wurden – es ging also vor allem um Themen abseits der klassischen Arbeitsthemen. Ein solches Erlebnis schweißt zusammen und gibt Motivation für die künftige remote Zusammenarbeit.
4. Strukturen schaffen
Bei allen Freiheiten und aller Flexibilität, die unsere Unternehmenskultur FLOW bietet, wissen wir auch, dass ein gewisses Maß an Guidance wichtig ist. Gewisse Grundstrukturen, wie regelmäßige Austauschformate, gehören daher zu guter Führung dazu.
Manche Teams machen jeden Morgen eine kurze Check-In-Session, in der alle gemeinsam über die wichtigsten Themen des Tages sprechen. Andere besprechen mit ihrer Teamleitung in einem 1:1 Gespräch wöchentlich die relevanten Entwicklungen. Hier gilt es, genau hinzuhören, um trotz räumlicher Distanz eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen.
Um einen Pulscheck innerhalb der gesamten Organisation durchzuführen, können zudem auch regelmäßige Umfragen helfen – zuletzt haben wir diese angewendet, um zu erfahren, wie hoch die Zufriedenheit der Benefits „Work from anywhere“ und des Angebots der unlimitierten Urlaubstagen ist.
5. Auf Transparenz und Tools setzen
Wer remote agiert, muss auch digital gut kollaborieren können. Eine gute Ausstattung zu gewährleisten ist daher Aufgabe einer jeden Führungskraft. Wir setzen nicht nur auf ergonomische Ausstattungen und eine transparente Arbeitsweise, sondern ermöglichen es unseren Teams auch, im digitalen Raum optimal kollaborieren können – asynchron, unabhängig von Zeitzonen und präferierten Arbeitszeiten. Gleichzeitig haben wir unser Büro in Berlin dieser Arbeitsweise angepasst und neu ausgestattet.
Hier finden sich nun unter anderem in den Meetingräumen 360-Grad-Kameras, die eine hybride Arbeitsweise ermöglichen. Auch Slack, Trello und Asana sind hilfreiche Tools, die die remote Kollaboration erleichtern. Die Digitalisierung wird auch vor anderen Arbeitsbereichen keinen Halt machen – so wird im Bereich People & Culture künstliche Intelligenz an Bedeutung gewinnen. Was die Themen Personalentwicklung und das Erreichen von KPIs betrifft, lohnt es sich, auf spezielle Software, wie etwa Leapsome, zu setzen.
Trotz aller Tools, die unsere Arbeit erleichtern, heißt es am Ende des Tages: Die wichtigste Zutat für gelungene Führung ist Menschlichkeit und Empathie. Denn nur mit dieser lassen sich einige der soeben genannten Punkte angemessen durchführen.
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Elise Müller ist Vice President People & Culture bei Spryker. Ihre Mission ist es, eine Unternehmenskultur und Atmosphäre zu schaffen, in der digitale Talente gern und mit besonderem Antrieb arbeiten. Seit Anfang 2017 arbeitet sie gemeinsam mit ihrem Team an der Weiterentwicklung von HR-Prozessen, der Talentakquise inmitten des „War for Talents“ und einer ausgeprägten Feedback- und Lernkultur.