Mitarbeiterbefragungen nach Schema F? Nein, danke

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Für die üblichen Mitarbeiterbefragungen hat niemand mehr Zeit. Anne M. Schüller stellt in einer 5-teiligen Serie aktivierende, agile Befragungstools vor.

Wir leben und arbeiten in einem Hochgeschwindigkeitsumfeld. Für die üblichen Mitarbeiterbefragungen hat niemand mehr Zeit. Schnelle Reaktionen sind unumgänglich, um sich an stets wandelnde Umstände anzupassen. Agile Umfragen sind deshalb unverzichtbar. Sie sind vielfältig einsetzbar und optimieren rasch.

Durch Mitarbeiterbefragungen erhält ein Unternehmen präzise Informationen über den inneren Zustand, zum Beispiel über schlechte Arbeitsplatzbedingungen und betriebliche Zwänge, Zeit- und Motivationsräuber, Kommunikations-, Schnittstellen- und Kundenprobleme und damit über die eigene Betriebsblindheit, die sich negativ auf die Geschäftsergebnisse auswirken kann. Solche Umfragen müssen sich vor allem schnell durchführen lassen, damit man, heute gefragt, bereits morgen etwas verändern kann.

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Klassische Mitarbeiterbefragungen sind eine Krux

Vielerorts werden noch immer die altbekannten turnusmäßigen Mitarbeiterbefragungen durchgeführt, solche mit langen Fragebögen und vorgegebenem Ankreuz-Antwortschema. Ziel ist es, die Stimmung der Belegschaft zu messen, Probleme aufzudecken und Verbesserungsideen zu erhalten. Solche Befragungen sind eine Rückschau, also vergangenheitsorientiert, und ihre Abwicklung dauert meist ziemlich lange. Um aber fit für die Zukunft zu werden, ist es unabdingbar, weit nach vorne zu blicken sowie agil, adaptiv und rasch zu handeln.

In den üblichen klassischen Befragungen werden meist auch nur solche Punkte abgeklopft, die für die Geschäftsleitung von Interesse sind und statistischen Vorjahres- und Abteilungsvergleichszwecken dienen. Doch Statisten in Statistiken wollen die Beschäftigten sicher nicht sein. Überdies fänden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meist ganz andere Punkte erörternswert oder besprechungsnotwendig. Degradiert man sie jedoch zum Kreuzchenmacher, verwehrt man ihnen genau das.

Fehlinterpretationen sind geradezu vorprogrammiert

Zudem sind bei Ankreuz-Fragebögen Fehlinterpretationen geradezu vorprogrammiert. Auf die richtigen Gründe zu kommen, wenn „Eher wichtig“ oder „Weniger wichtig“ abgehakt wird, ist wie Stochern im Nebel. Man hat zwar einen genauen Wert, jedoch keinen blassen Schimmer, warum das so ist und was besser gemacht werden müsste. Am Ende des Fragebogens gibt es für individuelle Bemerkungen aber doch Platz? Die meisten Mitarbeitenden schreiben da gar nichts rein, „weil das die Mühe nicht wert ist.“ An konkretes Verbesserungsmaterial kommt man deshalb auf diese Weise nur selten.

Womöglich wollen die Befragten mit ihren Antworten auch Signale senden. Fakten und Botschaften vermischen sich dann und machen die Interpretation zum reinen Ratespiel: Ist die Zufriedenheit tatsächlich gesunken – oder wollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur erreichen, dass eine bestimmte Führungskraft geht? Soll das komplette Management für den jüngsten Strategiewechsel abgestraft werden? Oder gibt eine ganze Abteilung sich selbst gute Noten, weil sie als die Beste dastehen will? Verfälschte Ergebnisse können auch dadurch entstehen, dass Enttäuschte, Verärgerte und Resignierende sich gar nicht mehr an der Befragung beteiligt haben, „weil es eh nichts bringt“.

Vorformulierte Standardfragebögen: unbrauchbar

Vorformulierte Standardfragebögen, wie sie aus dem Internet heruntergeladen werden können, sind völlig unbrauchbar, wenn man individuelle Abfragen machen will. Wird andersherum ein Institut damit beauftragt, werden Befragungen meist verkompliziert, es werden zu viele Fragen gestellt, und die (absichtlich) komplex aufbereiteten Analyseergebnisse können nur noch von einer akademischen Elite verstanden werden.

Schlimmer noch: Planung, Realisierung und Auswertung klassischer Befragungen verschlingen jede Menge Ressourcen. Und sie brauchen viel Zeit. Sechs Monate von der Durchführungsentscheidung bis zur Umsetzung der ersten Verbesserungsmaßnahmen sind gar nicht so selten. Sechs Monate! Da kann man in unserer schnelllebigen Businesswelt schon pleite sein. Denn niemand wartet heutzutage noch lange geduldig, bis ein Unternehmen endlich in die Pötte kommt.

Wird incentiviert, wird manipuliert

Wird bei der Durchführung geschludert oder mit den Ergebnissen falsch umgegangen, löst dies Misstrauen und Ängste aus. Selbst scheinbar kleine Fehler können sich tief in das kollektive Gedächtnis der Belegschaft eingraben und dieses Instrument auf lange Zeit disqualifizieren. Nicht selten landen die Ergebnisse vorsorglich in Schubladen statt in Verbesserungsprogrammen. Oder sie werden intern als Druckmittel benutzt.

In aller Regel fließen die jeweiligen Befunde ja in die Leistungsbewertung einer Führungskraft ein und bilden die Grundlage für variable Gehaltsanteile. Doch Angst um Boni macht erfinderisch. Deshalb kann es passieren, dass Chefs ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die gewollten Antworten mehr oder weniger vordiktieren. So nehmen am Ende die Bereiche, die am meisten getrickst haben, die obersten Ränge ein. Und hinter vorgehaltener Hand weiß man das auch. Ich kenne Organisationen, da sind solche Machenschaften die Norm – und scheinheilig spielen alle das falsche Spiel mit.

Wir brauchen zeitgemäße Befragungsmethoden

Summa summarum sind klassische Mitarbeiterbefragungen unproduktiv. Der ganze Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Erkenntnisgewinn. Zudem fehlt es an Tempo. Repräsentativität ist ebenfalls Blödsinn, weil man nur nichtssagende Durchschnittswerte erhält. Konzentrieren wir uns lieber auf die Ausreißer. Gerade von denen erfährt man die nützlichsten Dinge: Was absolut klasse funktioniert und welche Problemfelder dringendst bearbeitet werden müssen.

Wird ein zeitnahes Stimmungsbild angestrebt, sind durch und durch ehrliche Aussagen von wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sehr viel hilfreicher als opportune oder gesteuerte Antworten von vielen. Wir brauchen demnach andere, bessere, schnellere, aktivierendere, agilere Methoden, um die Höhen und Tiefen der firmeninternen Zusammenarbeit zu ergründen und Optimierungsinitiativen in Gang zu setzen.

Serie mit agilen Mitarbeiter-Befragungstools

Fortan sollten die Mitarbeitenden auf andere, bessere Weise eingeladen werden, ihre Stimmungen, Erfahrungen, Wünsche und Ideen einzubringen. Ein Unternehmen, das zügig Feedback erhält, ist imstande, sich und seine Leistungen rasch zu verbessern. Und das wiederum kann die entscheidenden Wettbewerbsvorteile bringen. So werde ich mich in vier weiteren Beiträgen unter anderem mit folgenden Methoden befassen:

  • Die Gewissensfrage an die Mitarbeitenden
  • Schnelloptimierung via Sprechblasen-Methode
  • Höchst intensiv: die serielle Ereignismethode
  • Unbedingt: fokussierende Fragen stellen

Ganz wichtig dabei: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben ihre Ideen nur dann preis, wenn sie glauben, dass diese Wertschätzung erfahren. Und wenn man ihnen „psychologische Sicherheit“ gibt: den geschützten Raum einer offenen und ehrlichen Lernkultur.

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Anne M. Schüller:
Das Touchpoint-Unternehmen
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Gabal Verlag, 368 Seiten
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Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager und zertifizierte Orbit-Organisationsentwickler aus.

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