Nach den Übergangslösungen der letzten Jahre muss hybrides Arbeiten in den Unternehmen professionalisiert werden, sagt Julia Bizer von SD Worx. Sie schildert, was HR tun kann.
Während die Corona-Pandemie Deutschland auch 2022 weiterhin beschäftigen und Unternehmen damit länger als gehofft beeinflussen wird, sind laute Rufe nach langfristiger hybrider Arbeit wahrzunehmen. Viele Mitarbeitende haben die Vorteile von hybrider Arbeit zu schätzen gelernt und möchten sie auch zukünftig nicht mehr missen. Während ein Teil es nicht erwarten kann, wieder dauerhaft zurück ins Büro zu kehren und die Kolleginnen und Kollegen zu sehen, ist es für den anderen Teil kaum noch vorstellbar, fünf Tage die Woche im Unternehmen zu sein.
Mit der jungen Generation Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer wird sich diese Erwartungshaltung an Unternehmen nur noch verschärfen. Damit muss auch der letzte Nostalgiker, der hofft, dass alles wieder so wird wie es vor Beginn der Pandemie war, erkennen: Eine derartige Post-COVID-Zeit wird es nicht geben. Das „New Normal“ der Berufswelt ist gekommen, um zu bleiben.
HR-Expertinnen und -Experten haben eine tragende Rolle
Daraus ergibt sich ein klarer Trend für 2022: Hybride Arbeit muss optimiert und weiter professionalisiert werden und Unternehmen sich damit flexibler und digitaler aufstellen. Schluss mit halbgaren Übergangslösungen, her mit gut organisierten Arbeitsmodellen und digitalem HR-Management. Dafür reicht es aber nicht, lediglich das nötige technische Equipment zur Verfügung zu stellen. Vielmehr kommt den HR-Expertinnen / -Experten hier eine große Rolle zu, um alle Mitarbeitenden zu unterstützen und die Fähigkeiten zu fördern, die es in dieser veränderten Arbeitswelt braucht.
Dass Deutschland in Sachen Digitalisierung im europäischen Ländervergleich Nachholbedarf hat, ist kein Geheimnis. Zwar hat die Corona-Pandemie der Entwicklung gezwungenermaßen einen Schub gegeben, schließlich mussten Unternehmen – wo möglich – Homeoffice ermöglichen und entsprechende digitale Strukturen schaffen. Doch vielerorts wurde nur versucht, sich über Wasser zu halten, statt klare Digitalstrategien zu entwickeln. Nachdem 2020 und 2021 der Grundstein für hybride Arbeit gelegt wurde, gilt es 2022 ein solides Fundament zu bauen und den digitalen Arbeitsweisen ihren Feinschliff zu verleihen. Dazu benötigt die hybride Arbeit neue Prozesse.
Per App Belegung der Arbeitsplätze gestalten
Nur ein Beispiel: Beobachtet man die Umfragen des letzten Jahres wird deutlich, dass nicht alle Mitarbeitenden ins Büro zurückkehren werden und Unternehmen ihre Büroflächen entweder verkleinern oder alternativ gestalten können. Doch wie wird die Belegung der Schreibtische künftig geregelt? Eine unübersichtliche Excel-Tabelle oder gar eine manuelle E-Mail, wann die Mitarbeitenden ins Büro kommen, kann nicht der Weg in eine digitale Zukunft sein.
Warum nicht auf eine App setzen, die den Vorgang maximal einfach und übersichtlich macht? Mit dem passenden Tool können Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer einfach einsehen, welche Arbeitsplätze wann verfügbar sind und diese direkt buchen. Im Bestfall sehen sie auch, welche Teammitglieder am selben Tag anwesend sein werden, um Meetings besser planen zu können.
HR-Expertinnen / -Experten hingegen haben damit nicht nur immer einen aktuellen Überblick, wie viele Mitarbeitende im Büro sind, sie können im Notfall auch begrenzen, wie viele Personen dort überhaupt anwesend sein dürfen. Gleichzeitig fällt auch repetitiver Aufwand für die HR-Abteilung weg, die ihren Fokus so mehr auf die individuelle Förderung und Betreuung der Mitarbeitenden legen können – was 2022 so wichtig wie nie zuvor wird.
Die Zukunft braucht mehr Vertrauen und Empathie
Hybride Arbeit geht mit einem tiefgreifenden kulturellen Wandel im Unternehmen einher. Besonders Unternehmen, in denen hybrides Arbeiten vor der Corona-Pandemie kaum oder gar nicht gelebt wurde, müssen hier in vielen Bereichen umdenken. Wo es zuvor bei konstanter Anwesenheit im Büro für Führungskräfte einfach war zu sehen, ob alle Mitarbeitenden produktiv arbeiten, fällt dieser „Kontrollmechanismus“ mit der hybriden Arbeit weg.
Es benötigt nicht nur ein Umdenken der Führungskräfte, sie müssen auch andere Fähigkeiten wie Empathie, Vertrauen und transparente Kommunikation ausbauen, um in remoter Führung erfolgreich zu sein. Denn nur so entsteht ein Umfeld, in dem Mitarbeitende produktiv sind und sich langfristig wohlfühlen.
Fairerweise muss man eingestehen, dass dies umso schwieriger zu vermitteln ist, da auch der kurze Austausch untereinander, wie beispielsweise das Gespräch an der Kaffeemaschine zwischendurch, in dieser Form wegfällt. HR-Expertinnen / -Experten sollten daher Möglichkeiten aufzeigen, wie Teams auch remote optimal zusammenarbeiten können und in Verbindung bleiben.
Work-Life-Balance darf nicht zu kurz kommen
Bei aller Produktivität darf jedoch die Work-Life-Balance nicht zu kurz kommen: Gerade bei der Arbeit von zuhause ist es verlockend, auch nach Feierabend noch einmal kurz die Mails zu checken und dann länger am Notebook zu bleiben als geplant. Nicht immer passiert dies freiwillig, viele Mitarbeitende haben sogar das Gefühl, immer erreichbar sein zu müssen, da sie ohnehin die ganze Zeit zuhause sind.
Helfen können hier HR-Richtlinien, die die Rahmenbedingungen der hybriden Arbeit festlegen und für eine gesunde Work-Life-Balance sorgen, bei der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer guten Gewissens „abschalten“ können. Darüber hinaus sollten auch weitere Initiativen ins Leben gerufen werden, die das Wohlbefinden der Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer fördern.
Im War for Talent ist die Erwartungshaltung der Bewerberinnen und Bewerber gestiegen
Ein flexibles Mindset der Unternehmen sorgt dafür, dass Mitarbeitende zufriedener sind und entsprechend im Unternehmen verbleiben, gleichzeitig steigern sie ebenso die Attraktivität für neue Talente – im War for Talent unersetzlich. Gerade junge Arbeitnehmerinnen / Arbeitnehmer achten immer stärker auf eine ausgewogene Work-Life-Balance und damit darauf, was Unternehmen abseits des Gehalts bieten. Der oft als Benefit angepriesene kostenlose Obstkorb oder der Kaffeevollautomat überzeugt kein junges Talent mehr, für ein Unternehmen zu arbeiten.
Stattdessen braucht es beispielsweise klare HR-Richtlinien zur hybriden Arbeit. Besonders die Generation der Digital Natives ist es darüber hinaus gewohnt, Vorgänge digital abzuwickeln und wünschen sich einen entsprechend modernen Arbeitgeber. Setzen Unternehmen diese Trends um, profitieren sie also nicht nur kurzfristig von effizienten Prozessen, mehr Produktivität und einer besseren Mitarbeitendenbindung, sie legen auch einen entscheidenden Grundstein, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben und neue Talente anzuziehen.
Julia Bizer ist Kommunikatorin bei SD Worx und gehört zur Generation der Digital Natives. Für sie ist ein digitales und agiles Mindset der Schlüssel zum nachhaltigen Unternehmenserfolg. Besonders leidenschaftlich verfolgt sie die Themen New Work, neue Führungsmodelle und Diversität.