Wie HR erfolgreich einen Employee Self Service einführt

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Selbstverwaltung der Personaldaten: Gunther Ebert von Forcont beschreibt, wie HR Geschäftsführung und Belegschaft für einen Employee Self Service gewinnen kann.

Mitarbeiter gehen unterschiedlich mit Veränderungen in ihrer alltäglichen Arbeit um – das gilt insbesondere bei neuen, digitalen Prozessen. Während die Einen moderne Tools begeistert aufgreifen, müssen Andere erst davon überzeugt werden. Die Digitalaffinität hängt dabei nicht unbedingt vom Alter ab. Dementsprechend herausfordernd ist es für die HR-Abteilung, die Belegschaft für ein cloudbasiertes Tool zur Selbstverwaltung, einen Employee Self Service (ESS), zu gewinnen.

Erst 36 Prozent der Unternehmen nutzen eine solche Lösung, obwohl das Bearbeiten von Mitarbeiteranfragen zu den größten Zeitfressern in der Personalarbeit zählt – so ein Ergebnis der „HR-Studie 2020“ von forcont und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Routine-Abläufe in der Kommunikation zwischen HR-Team und Mitarbeitern zu standardisieren und zu digitalisieren, ist seit der Pandemie noch relevanter geworden. Die folgenden vier Tipps zeigen, was es bei der Einführung eines ESS in Sachen Changemanagement zu beachten gilt.

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Tipp 1: Mit sichtbaren Effekten die Geschäftsführung überzeugen

Das Angebot an die Mitarbeiter, bestimmte HR-Anfragen und -Dokumente selbstständig digital zu verwalten, bietet großes Nutzenpotenzial. Diverse Prozesse in der Kommunikation mit der Personalabteilung lassen sich so effizienter gestalten. Dabei sollten Unternehmen sich aber nicht zu viel auf einmal vornehmen. Anstatt sofort alle denkbaren Funktionen im ersten Schritt zu realisieren, empfiehlt es sich, zunächst nur wenige Vorgänge mit dem ESS abzubilden. Oft ist einer davon die Zustellung der digitalen Gehaltsabrechnung. Allein diese Aufgabe zu digitalisieren, reduziert administrative Aufwände enorm. Neben den Kosten für Papier und Porto fällt auch der Aufwand weg, die Dokumente zu drucken, in Briefumschläge zu verpacken, zu frankieren und zu versenden. Das ist zugleich ein schlagkräftiges Argument für HR-Manager, um die Geschäftsleitung für ihr Vorhaben zu gewinnen. Nicht selten besteht darin die erste Hürde für das Projekt. Sollte also das Top-Management bei der Digitalisierung andere Abteilungen höher priorisieren, könnte gerade das Kostenargument überzeugen. Zudem können digital zugestellte Gehaltsnachweise zu einem Erfolg werden, der auf allen Ebenen des Unternehmens wahrgenommen wird.

Foto Employee Self Service

Tipp 2: Für einfache und technisch reibungslose Prozesse sorgen

Damit Mitarbeiter ein neues Tool annehmen, muss es vor allem eines: reibungslos funktionieren. Wichtig ist nicht nur, dass die Prozesse logisch aufgebaut sind, sondern auch, dass das System die Anwender klar durch die einzelnen Schritte führt – ohne dass Ungereimtheiten oder Fehler auftreten. Darum ist die Konzeption der Prozesse das A und O. Die Grundvoraussetzung, um etwa die Gehaltsabrechnung per ESS zuzustellen, ist die Integrationsfähigkeit beider Systeme. Neben dem Payroll-System muss sich der ESS auch an die digitale Personalakte anbinden lassen. Die Workflows gilt es genauestens zu definieren (siehe Infokasten unten). Wurde der Prozess eingerichtet, ist sorgfältiges Testen angesagt. Eine Gruppe von Testnutzern mit den relevanten Rollen – HR-Sachbearbeiter, HR-Fachadministrator, Mitarbeiter, Führungskraft – prüft in mehreren Durchgängen, ob alles wie gewünscht funktioniert. Erst wenn der Vorgang einwandfrei läuft, kann der unternehmensweite Rollout beginnen.

Tipp 3: Transparent kommunizieren und so Vertrauen schaffen

Für einen gelungenen Rollout ist die Kommunikation entscheidend – von Anfang an. Noch bevor die Mitarbeiter sich zum ersten Mal im ESS einloggen, sollten die richtigen Botschaften eine Vertrauensbasis geschaffen haben. Empfehlenswert ist auch, den Betriebsrat frühzeitig an Bord zu holen. Er vertritt im Zuge der Planung und Lösungsauswahl die Perspektive der Mitarbeiter, und bringt so wichtige Impulse ein. Den Betriebsrat für das Projekt zu gewinnen, ist der erste Schritt, um die Belegschaft vom Nutzen des Tools zu überzeugen.

Die technischen Vorbereitungen sind durch eine klare und transparente Kommunikation zu begleiten. Beispielsweise sorgen Maßnahmen wie eine Zwei-Faktor-Authentifizierung, die viele Mitarbeiter bereits vom Onlineshopping und -banking kennen, für die Datensicherheit in der Cloud. Hier gilt es an das Vertraute anzuknüpfen und den Nutzern zu erklären, dass ihre persönlichen Daten im ESS-Tool ebenso sicher sind wie im Onlineportal ihrer Bank. Dabei bietet sich auch der Hinweis an, dass keine Dokumente per E-Mail versendet werden, sondern dass sich die Nutzer mit ihren persönlichen Zugangsdaten einloggen und Dokumente hoch- beziehungsweise herunterladen. Diese Details bereits im Vorfeld klarzustellen, signalisiert, dass das Unternehmen die Interessen der Nutzer ernst nimmt. Zudem empfiehlt es sich, die Vorteile für die Mitarbeiter in den Fokus zu rücken: Stehen beispielsweise alle Gehaltsabrechnungen jederzeit zum digitalen Abruf bereit, sind fehlende Dokumente beim Ausfüllen der Einkommensteuererklärung passé. Die Anwender frühzeitig an Bord zu holen – und ihnen Raum für Rückfragen zu geben –, ist für den Erfolg jedes Digitalisierungsprojekts zentral.

Foto Employee Self Service

Tipp 4: Die Benutzerfreundlichkeit fokussieren

Wer neue, digitale Abläufe im Unternehmen verankern will, ist gut beraten, sich dabei immer wieder die Anwenderperspektive zu vergegenwärtigen. Das Hauptaugenmerk sollte darauf liegen, dass jeder Nutzer das Tool einfach bedienen kann – egal, ob er digitalaffin ist oder nicht. Neben einer übersichtlichen Navigation und einer intuitiven Nutzerführung gehört dazu auch, die Lösung im Corporate Design zu gestalten. Wenn die Mitarbeiter auf jeder Seite des ESS – angefangen bei der Login-Maske – die Farben und das Logo ihres Unternehmens sehen, signalisiert das Seriosität. So entsteht beim Nutzer das Vertrauen, dass er über das Portal guten Gewissens persönliche Daten und Dokumente mit der HR-Abteilung teilen kann. Dieser Aspekt ist nicht zu unterschätzen, denn: Anders als bei Softwarelösungen für bestimmte Fachanwender ist die Zielgruppe eines ESS die gesamte Belegschaft. Während etwa eine digitale Personalakte von den Anwendern – dem HR-Team – selbst eingeführt wird, haben die Mitarbeiter erst einmal keinen Bezug zum ESS. Diesen gilt es mittels Kommunikation, Corporate Design und Usability erst herzustellen.

Fazit

Ein Employee Self Service hilft der HR-Abteilung, Routine-Aufgaben schneller und effizienter zu bearbeiten. Auch die Mitarbeiter profitieren von einfachen, standardisierten Prozessen und standortunabhängig verfügbaren Dokumenten. Damit die Einführung zum Erfolg wird, sollte Sorgfalt vor Geschwindigkeit walten. Wer einfache, nutzerfreundliche Prozesse entwirft, diese technisch sauber umsetzt sowie den Rollout mit der richtigen Kommunikation vorbereitet und begleitet, hat ihn bald geschafft: den nächsten großen Schritt in der Digitalisierung der Personalarbeit.


⇒ Definition von Workflows: Beispiel „Krankmeldung einreichen

Um Krankmeldungen digital zu verwalten und zu bearbeiten, sind bei der Konzeption unter anderem folgende Fragen zu klären:

  • Was muss ein Mitarbeiter tun, um sich krank zu melden? Halten Sie die einzelnen Schritte fest: sich auf dem eigenen PC oder Mobilgerät im ESS einloggen, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung fotografieren, unter „Krankmeldung einreichen“ das Foto hochladen, den Button „Krankmeldung senden“ betätigen, usw.
  • Welche HR-Sachbearbeiter erhalten eine Benachrichtigung über eingereichte Krankmeldungen?
  • Was muss der HR-Mitarbeiter tun? Seine To-dos sind zum Beispiel: auf „Bearbeiten“ klicken, die Krankmeldung prüfen, auf „Annehmen“ klicken, damit der Mitarbeiter durch den ESS eine automatisch generierte Bestätigungsmail erhält, die AU-Bescheinigung im führenden HR-System ablegen, etc.
  • Wie wird die zuständige Führungskraft informiert, dass und bis wann der Mitarbeiter ausfällt? Muss der Mitarbeiter sie separat benachrichtigen oder läuft dies ebenfalls über den ESS?
  • Wie geht der Mitarbeiter vor, um eine Folge-AU-Bescheinigung einzureichen?
  • Ist eine Antwortfunktion gewünscht, über die der HR-Sachbearbeiter bei Bedarf Rückfragen an den Mitarbeiter richten kann?
Foto Gunther Ebert

Gunther Ebert ist Product Manager bei der forcont business technology gmbh, ein auf ECM spezialisiertes Softwarehaus. forcont bietet standardisierte Produkte für digitales Personalmanagement und Vertragsmanagement sowie individuelle digitale Aktenlösungen zur Optimierung dokumentenzentrierter Geschäftsprozesse.

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