Honeypot ist im Wachstumsmodus, sagt CEO Philipp Goos im Interview mit dem HR JOURNAL. Das war im letzten Jahr ganz anders. Was hat sich verändert?
Es war eine herausfordernde Zeit für Honeypot und den neuen CEO des Unternehmens. Entlassungen standen an, ein neues SaaS-Geschäftsmodell sollte eingeführt werden. In diesem Jahr sieht vieles anders aus. Der Umsatz dürfte sich gegenüber dem Vorjahr verdoppeln, so die Erwartungen der tech-fokussierten Jobplattform für Developer. Und: Der War-for-IT-Talent wird sich deutlich verschärfen. Honeypot ist damit „klasse positioniert“, um weiter an Bedeutung zu gewinnen, erklärt Philipp Goos im Gespräch mit dem HR JOURNAL. Erfahren Sie hier mehr über ein Unternehmen, das sich mitten in der Corona-Krise neu aufgestellt hat.
Am 1. November hatten Sie das Steuer bei Honeypot übernommen. Was hatten Sie als erstes in Angriff genommen?
Philipp Goos: Zwei Dinge, die beide auch stark mit Corona zu tun haben: Zum einen mussten ich und das Team weiterhin Lösungen für die Zusammenarbeit und den Zusammenhalt während der Pandemie und Home-Office finden. Zum anderen mussten wir einen Weg aus dem teils eingebrochenen Geschäft seit Beginn der Pandemie finden. Die Einführung des SaaS-Modells stand also an und kam für uns und für unsere Unternehmenskunden zu einem guten Zeitpunkt.
Das passende Stichwort: das neue SaaS-Geschäftsmodell. Unternehmen zahlen einen monatlichen Mitgliedschaftsbeitrag, statt der bisherigen 15 Prozent Kommission. Warum sollten sich Kunden ausgerechnet jetzt auf langfristige Verpflichtungen einlassen?
Philipp Goos: Weil es klappt. Wir sehen, dass Kunden im Schnitt im neuen Modell 3-mal mehr Talente einstellen als im Kommissionsmodell. Ein wichtiger Treiber ist, dass unsere Kunden mehr Zeit auf Honeypot investieren und unsere Beziehung partnerschaftlicher geworden ist. Beide Seiten ziehen an einem Strang: Top Tech Talente auf Honeypot finden. Ein Kommissionsmodell, wie beispielsweise bei Maklern oder Headhuntern üblich, führt zu kurzfristigem Handeln und reduziert das Vertrauen der Partner ineinander.
Im neuen Modell haben wir mehr Kunden, die Honeypot als Hauptquelle für neue Talente nutzen. Ein Kunde hat beispielsweise in wenigen Wochen über 10 IT-Fachkräfte eingestellt, und dies zu einem attraktiven Preis. Im SaaS Modell bieten wir verschiedene Pakete – die monatlichen Mitgliedschaftsbeiträge variieren und sind dem Bedarf der Unternehmen angepasst: Es gibt Modelle, die eine Einstellung pro Jahr gratis inkludieren, bis hin zu Paketen mit einer unbegrenzten Anzahl Einstellungen über die Plattform. Monatliche Beiträge bieten Unternehmen Planungssicherheit und einen Kostenüberblick beim Recruiting, den das alte Modell vermissen ließ. Für Start ups bieten wir zudem als Einstieg ein Kommissionsmodell mit einem geringen Monatsbeitrag an.
Außerdem stellen wir deutlich mehr als nur einen Pool an geprüften Kandidaten bereit. Ein großer Teil der Arbeit ist die Beratung beider Seiten. Für Unternehmen heißt das: Sie bekommen von unseren Experten für Tech Recruiting Insights zu kompetitiven Gehältern, Hilfe beim Screening der Talente, Tipps zu Tech Recruiting Best Practices und der Verbesserung des Recruiting Prozesses. Das neue Modell erlaubt uns diese Art der individuellen Beratung, die wirklich nötig ist. Tech-Recruiting ist anders als allgemeines Recruiting und Bedarf eines besonderen Verständnisses der Tech Talente und der Industrie.
Sie mussten 40 Leute entlassen. Was war da schief gelaufen beziehungsweise was wurde korrigiert?
Philipp Goos: Es war eine herausfordernde Zeit – für die Welt, für die Wirtschaft und am Ende auch für Honeypot. Corona ließ nicht viel Planbarkeit zu, daher herrschte bei vielen Unternehmen vor allem in den ersten Monaten der Pandemie ein Einstellungsstopp auch für Tech Talente. Da unser Geschäft zu Beginn 2020 ausschließlich komissionsbasiert war, mussten auch wir demzufolge mit deutlichen Einbußen kämpfen. Dies zwang uns leider dazu, uns von Mitarbeitern zu trennen und die Organisation neu zu strukturieren. In diesem Zuge konnten wir die Organisation auch auf das neue Geschäftsmodell abstimmen. Diese schwierige Phase liegt zum Glück hinter uns und der Blick geht wieder nach vorne. Mittlerweile sind wir wieder im Wachstumsmodus. Wir erwarten, dass sich dieses Jahr der Umsatz gegenüber dem Vorjahr verdoppelt!
Wie hat sich denn das Geschäft bei Honeypot seit der Übernahme durch die New Work SE entwickelt?
Philipp Goos: Auf der Kundenseite sind seit der Akquisition im April 2019 rund 1.000 Neukunden hinzugekommen. Viele Kunden sind bereits im neuen Modell. Bis Ende März wollen wir allen ein Angebot unterbreiten – danach wird die Plattform dann nur noch für Mitglieder zugänglich sein. 2020 haben sich auf der Talentseite mehr als 45.000 Developer auf Honeypot angemeldet. Damit stieg die Gesamtzahl der Anmeldungen auf über 200.000. Jede Woche schalten wir hunderte von Tech Talenten auf Honeypot frei, die unseren Qualitätsanforderungen entsprechen und zu den aktuellen Suchanfragen von Unternehmen passen.
Wie würden Sie den Markt jetzt und in naher Zukunft beurteilen?
Philipp Goos: Der Bedarf nach Tech-Talenten ist da: Der IT-Fachkräftemangel wurde durch die Corona-Pandemie nur kurzfristig gebremst. Bitkom zählt 86.000 offene IT-Stellen in deutschen Unternehmen, Bitkom Präsident Achim Berg prognostiziert einen Rekord von über 200.000 unbesetzten Stellen in zwei Jahren. Und auch nach Einschätzung der Bertelsmann-Stiftung werden uns Homeoffice, digitale Dienstleistungen und die verstärkte Online-Kundenkommunikation auch nach der weltweiten Pandemie erhalten bleiben. Der War-for-IT-Talent geht jetzt schon in die nächste Runde und wird sich noch deutlich verschärfen.
Honeypot ist damit klasse positioniert, um weiter an Bedeutung zu gewinnen. Unternehmen suchen eine Plattform, auf der sie gezielt Tech Talente finden. Das zeigen auch unsere Zahlen: Gerade in den ersten Corona Monaten ab März gab es große Verunsicherung und Einstellungsstopps. Hier sehen wir aber jetzt einen steilen Aufwärtstrend, da sich die Unternehmen weiter digitalisieren und neu ausrichten. Die Nachfrage steigt, der Markt ist umkämpft. Honeypot bietet Unternehmen Tech-Talente, die sie nirgendwo anders antreffen und ist damit eine der besten Anlaufstellen für Tech-Recruiting.
Vor Honeypot hatten Sie schon in zwei anderen Startups die Unternehmensführung direkt von den Gründern übernommen. „Es waren jedes mal andere Herausforderungen“, wurden Sie in einer Mitteilung der New Work SE zitiert. Was war denn dieses Mal besonders herausfordernd?
Philipp Goos: Aus einem Startup kann man die Persönlichkeit der Gründer ablesen und umgekehrt. Im Fall von Honeypot: Ein enorm warmherziges und offenes Unternehmen, mit einem starken Teamgeist, das darauf brennt, die Welt zu verbessern. Kaya und Emma* haben die Probleme von Developern und Unternehmen wirklich verstanden und mit Honeypot eine echte Lösung dafür geschaffen. Was noch fehlte, waren mehr Strukturen und Abläufe innerhalb des Unternehmens. Ich und das Team haben ein finanziell stabileres Unternehmen gebaut, das weniger anfällig für Schwankungen ist. Da haben wir in den letzten Monaten einen großen Fortschritt erzielt.
Eine zusätzliche Herausforderung war in diesem Fall natürlich Corona und damit fehlende physische Treffen mit dem ganzen Honeypot Team – um jeden Einzelnen auf die neue Mission mitzunehmen und einfach auch mal zuzuhören. Aber es hat geklappt. Nach den Herausforderungen in 2020 steht das Team eng zusammen und brennt darauf, weiterhin zusammen Erfolge zu feiern und gemeinsam daran zu arbeiten, Honeypot als Europas führende Plattform für Tech-Jobs zu etablieren!
Was ist denn der Reiz einer solchen Aufbauarbeit?
Philipp Goos: Mich reizen digitale Unternehmen und deren Verbesserung. Schon bei meinen letzten CEO Jobs bei Jameda und Weeronline in Amsterdam war ich für Techunternehmen verantwortlich, die sehr viel Potential zu bieten hatten und haben. Und so ist es auch bei Honeypot: Die Digitalisierung schreitet exponentiell voran, beschäftigt den Staat (beispielsweise in der Verwaltung), Schulen, und natürlich die Wirtschaft. Hier braucht es IT-Fachkräfte in Deutschland, die Innovationen hervorbringen, vorantreiben, umsetzen und genau da setzt Honeypot an – das ist ein Zukunftsthema, an dem niemand vorbeikommt, und das Honeypot mitgestaltet. Wer würde die Leitung eines solchen Unternehmens und so einer Unternehmung ablehnen?
Wie gehen Sie vor, um Ihr Unternehmen auf die Zeit nach Corona vorzubereiten?
Philipp Goos: Wir verbessern Honeypot als Plattform ständig. Wir wollen es Unternehmen und IT-Fachkräften so einfach wie möglich machen, zueinander zu finden. Prozesse werden daher noch benutzerfreundlicher gestaltet: Ein schnellerer Anmeldeprozess für Entwickler, besseres Matchmaking, verbesserte Filter für Recruiter, Freischalten neuer Rollen auf der Plattform. Im März 2021 wird Honeypot beispielsweise auch für Data-Specialists geöffnet (Data-Scientists, Data-Engineers sowie Machine Learning Engineers). 2021 steht außerdem eine Ausweitung des Service auf weitere europäische Länder an.
Was Corona uns auch gezeigt hat: Das Thema Remote Work wird uns noch weiter begleiten. Im Moment arbeiten wir daran, Remote Work intern noch besser, auch für die Zeit nach Corona abbilden zu können und den Honeypottern Freiheiten einzuräumen. Gleichzeitig beschäftigen sich die Unternehmen, die bei uns nach Entwicklern suchen, intensiv mit dem Thema. Hier wollen wir als gutes Beispiel vorangehen und Unternehmen auch mit der eigenen Erfahrung unterstützen.
*Kaya Taner und Emma Tracey, das Gründerteam von Honeypot
Das Interview führte Helge Weinberg, Herausgeber HR Journal.
Dr. Philipp Goos ist seit dem 01. November 2020 CEO bei Honeypot. Er hat bereits einige Erfahrung im Aufbau und der Skalierung von Tech-Unternehmen, mit dem Ziel, Probleme von Menschen mit technischen Mitteln zu lösen. Vor Honeypot war Goos CEO bei Jameda und Weeronline in Amsterdam.