Wie bauen Sie Ihre digitale Fitness für die neue hybride Arbeitswelt aus? Professor Gerald Lembke und Nadine Soyez stellen 7 Handlungsfelder vor.
COVID hat einen Paradigmenwechsel in Unternehmen eingeleitet, den Entscheider und Führungskräfte immer mehr gestalten und organisieren müssen. Jeder zweite Mitarbeiter wünscht sich die alte Büro-Arbeitswelt aus 2019 zurück. Doch diese wird in vielen Unternehmen nicht mehr existieren. Abläufe, Strukturen und Kommunikationen haben sich steigend digitalisiert. Eine hybride Arbeitswelt hat das gewohnte Büroleben mit virtuellen Tätigkeiten angereichert. Digitale Tools und Workflows bestimmen immer mehr die Arbeitsumgebungen und damit den Arbeitsalltag.
Technik ist die eine Seite der „Zukunftsmedaille“. Auf der anderen Seite immer noch der Mensch. Er war und wird immer stärker in den Mittelpunkt der Wertschöpfung rücken. Das wird umso schneller vonstattengehen, je mehr und schneller die Prozesse und Strukturen im Unternehmen digitalisiert werden. Auf die Führungskräfte kommen komplexe Herausforderungen zu.
In dem neuen Buch „Digital-Fitness für Führungskräfte: Praxiswissen, Skills und Checklisten für die neue hybride Arbeitswelt“ haben die Autoren Gerald Lembke und Nadine Soyez sieben Handlungsfelder für die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft herausgearbeitet. Sie werden im Folgenden in Auszügen skizziert.
1) Digital Leadership: Nutzen Sie die Potentiale Ihrer Mitarbeiter
Digital Leadership heißt Führung auf Augenhöhe mit gegenseitiger Wertschätzung. Hybrides und digitales Arbeiten erfordert mehr Selbstorganisation der Teammitglieder. Für viele Führungskräfte besteht die Herausforderung darin, loszulassen und das Gefühl von Kontrollverlust zu überwinden.
Testen Sie sich doch einmal selbst: Machen Sie eine Liste mit allen Entscheidungsbereichen und Entscheidungen in Ihrem Team? Was entscheiden Sie selbst? Wo können Sie schrittweise die Mitarbeiter mehr einbinden oder komplett an diese delegieren? Denn je digitaler Sie in Zukunft arbeiten werden, umso mehr sind Sie auf das Engagement Ihrer Mitarbeiter angewiesen.
2) Bilden Sie High-Purpose-Teams, um die digitale Performance zu verbessern
Je virtueller die Arbeit organisiert ist, umso wichtiger werden die emotionalen Erfahrungserlebnisse – die sogenannte Employee Experience. Dies betrifft sowohl den Einsatz von nutzerfreundlichen Tools und geht soweit, dass Mitarbeiter ihre persönlichen Ziele mit den Ihren in Einklang bringen werden. Digitale Fitness bedeutet daher auch die Fähigkeit, sinnstiftende Projekt- und Abteilungskulturen zu schaffen, in der Mitarbeiter ihre eigenen Wertvorstellungen einbringen können (Purpose-driven organisation).
Klären Sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern die Werte. Können sie ihre eigenen und persönlichen Werte, Ziele und die Ihres Unternehmens in eigene Worte fassen? Inwieweit identifizieren sich Mitarbeiter mit dem Zweck und den Zielen des Unternehmens? Einige Ihrer Mitarbeiter werden überraschende Antworten geben. Sie dienen als Anstoß für High-Purpose-Teams.
3) Führen Sie Tools richtig ein und schaffen Sie produktive Kommunikationsräume
Tools sollten nicht einfach eingeführt werden wie ein Zäpfchen. Sobald es verschwunden ist im Zielgebiet, wartet man auf die Wirkung. Die Mitarbeiter werden nicht mehr auf eine Wirkung warten wollen, die sie weder verstehen noch akzeptieren. Zuerst gilt es, die Prozesse und Workflows zu analysieren, um dann zu entscheiden, welche Tools und Features unterstützen und welche Vorteile die Mitarbeiter in der täglichen Arbeit haben. Man denkt oft, je mehr Tools man hat, desto produktiver wird die Arbeit.
Entwickeln Sie also den passenden Toolmix. Erstellen Sie gemeinsam eine Tool-Landkarte, die Ihnen Aufschlüsse darüber gibt, was sie für die eine gemeinsame und regelmäßige Kommunikation benötigen und was eben nicht (mehr). Stellen Sie klare Richtlinien und Regeln auf, wie die Tools in den verschiedenen Kommunikationsszenarien zu nutzen sind und wo welche Information zu finden ist.
4) „Management by Ergebnisse“ statt „Management by Anwesenheit”
Asynchrone Organisation sorgt für konzentriertes, störungsfreies Erledigen von Aufgaben, was die eigene Produktivität erhöht. Synchrone online-Zusammenarbeit ist wichtig, um gemeinsam im Team Ideen zu generieren und Probleme zu lösen. Durch unverhältnismäßige asynchrone Arbeit droht das Team auseinanderzufallen. Sie überlastet die Mitarbeiter, führt zu Stress und senkt die psychische Gesundheit.
Es gilt daher, eine gute Balance zu finden. Mit der Frage „Wieviel Synchronität benötigt mein Team?“ geht auch die Überlegung einher, wann ein Online Meeting wirklich sinnvoll ist und ob der Sachverhalt beziehungsweise die Aufgabe auch genauso gut oder besser asynchron gelöst werden kann. Schaffen Sie ein „Management by Ergebnisse“ und verabschieden Sie sich endlich vom „Management by Anwesenheit“.
Optimieren Sie die Online-Meetings, indem sie Lösungen einsetzen, die die Beteiligung aller Anwesenden gleichermaßen aktiviert. Das ist die beste Voraussetzung für ein anschließendes Commitment allen Beteiligten.
5) Digitale Medienkompetenz entwickeln
Führungskräften kommt in der digitalen Arbeit der Zukunft unweigerlich die Aufgabe zu, sich mit den neuen Technologien, deren Einsatzmöglichkeiten, Wirkungsweisen und Produktivität intensiver zu beschäftigen. Lernen Sie, Ablenkungen zu vermeiden und mit der Informationsüberflutung umzugehen. Fördern Sie gezielt die Digital- und Medienkompetenz bei Führungskräften und Teams. Der Umgang mit digitalen Medien und neuen Technologien muss ohne Wenn und Aber zur Selbstverständlich bei allen Mitarbeitern werden, um Potentiale für die Wertschöpfung zu identifizieren, aber auch Risiken zu erkennen und einen Umgang damit zu finden.
6) Schaffen Sie mit Digital Trust Teamverbundenheit
Informelle Kommunikation ist für den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen und das Vorbeugen von Isolation notwendig. Gute Beziehungen untereinander sind Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Im Büro geschieht dies selbstverständlich. Die Einbindung von Mitarbeitern im hybriden Team ist eine Herausforderung. Nutzen Sie jede Möglichkeit, Verbundenheit und Konnektivität im Team herzustellen. Betreiben Sie ein aktives „Managing by walking around“ auch in der digitalen Arbeitsumgebung und nehmen Sie regelmäßige Check-ins mit dem gesamten Team und einzelnen Mitarbeitern vor. Kennen Sie schon Gather.com? Beginnen Sie einmal spielerisch damit!
7) Stellen Sie die mentale Gesundheit in den Vordergrund
Das Thema „mentale Gesundheit“ gewinnt beim Arbeiten auf Distanz an Bedeutung. Digitales Arbeiten erhöht Stress. Viele können nicht mehr Abschalten und sind überlastet. Schaffen Sie eine hybride Arbeitskultur, in der die psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz ganz oben auf der Agenda steht, in der jeder über persönliche Präferenzen und mentale Gesundheit vertrauensvoll sprechen kann. Vermeiden Sie ständige Erreichbarkeit am privaten Smartphone und sprechen Sie über die Bildschirmarbeitszeit in den Teams. Helfen Sie den Mitarbeitern, neue Routinen für sich zu entwickeln.
Prof. Dr. Gerald Lembke, Nadine Soyez
Digital-Fitness für Führungskräfte
Praxiswissen, Skills und Checklisten für die neue hybride Arbeitswelt
Redline Verlag, Juli 2021, 208 Seiten, 20 Euro
ISBN: 978-3-86881-845-1
Prof. Dr. Gerald Lembke ist Berater, Digitalpionier und -unternehmer der ersten Stunde. Mit mehr als 1000 Digitalprojekten und 25 Berufsjahren ist der Medienwissenschaftler ein gefragter Experte zum Thema Umgang mit digitalen und sozialen Medien. Der mehrfache Autor ist Co-Autor des im Redline Verlag erschienenen Buchs "Die Lüge der digitalen Bildung".
Nadine Soyez ist seit 2005 Management Consultant und hat langjährige Erfahrung als Projektmanagerin in namhaften Management- und IT-Beratungen in internationalen virtuellen Teams und Projekten. Ihre Leidenschaft ist die Fragestellung, wie neue Technologien die Zusammenarbeit in Unternehmen verändern und diese unterstützen.