5 hartnäckige Mythen rund um den Arbeitsvertrag

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Klauseln im Arbeitsvertrag – Was ist zulässig, was nicht? Rechtsanwalt Martin Nebeling erklärt, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten sollten.

Der Arbeitsvertrag besiegelt das Glück im neuen Job. Hier werden die Spielregeln für das Arbeitsverhältnis schriftlich festgehalten und dienen als Grundlage der Zusammenarbeit. Arbeitszeiten und -Bedingungen, Gehalt, Kündigungsfrist: Alle wesentlichen Bausteine finden im Arbeitsvertrag Berücksichtigung. Und obwohl es viele Quellen gibt, die das Gegenteil belegen, halten sich einige Mythen rund um den Arbeitsvertrag hartnäckig.

Was darf mein Arbeitgeber / meine Arbeitgeberin verlangen? Wird jede Klausel im Arbeitsvertrag wirksam, sobald beide Seiten unterschrieben haben? Welche Beispiele für ungültige Klauseln gibt es? Mit den 5 größten Mythen in Sachen Arbeitsvertrag soll hier aufgeräumt werden.

1. Nur ein schriftlicher Arbeitsvertrag ist gültig. Wahr oder falsch?

Ein Arbeitsvertrag ist grundsätzlich nicht an eine bestimmte Form gebunden. Das heißt, er kann schriftlich, mündlich oder durch konkludentes Verhalten abgeschlossen werden. Ein Arbeitsvertrag kommt demnach schon dann zustande, wenn sich Arbeitgeber / Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin / Arbeitnehmer über die wichtigsten Regelungen des Arbeitsverhältnisses – zum Beispiel Gehalt und Arbeitszeit – einig sind. Eine Ausnahme besteht nur bei befristeten Arbeitsverhältnissen, die schriftlich abgeschlossen werden müssen.

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Doch auch wenn die mündliche Absprache oder der sprichwörtliche Handschlag theoretisch reichen, sollten beide Seiten auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag setzen. Nur so kann eine möglichst große Rechtssicherheit gewährleistet werden. Das beugt im Ernstfall Streitigkeiten vor. Bei Unklarheiten zwischen den Parteien gelten grundsätzlich die gesetzlichen Regelungen. Bei Streitigkeiten muss immer diejenige Partei die entscheidenden Tatsachen beweisen, die sich auf eine Abweichung von den gesetzlichen Regelungen berufen möchte (zum Beispiel auf einen höheren Urlaubsanspruch).

Das Nachweisgesetz schreibt vor, dass der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Aspekte der Zusammenarbeit aufzeichnen muss. Eine schriftliche Zusammenfassung dieser Aufzeichnungen soll unterschrieben an die Arbeitnehmerin / den Arbeitnehmer ausgehändigt werden. Diese Aufzeichnung, also der Arbeitsvertrag, dient allerdings nur der Rechtssicherheit. Ein Verstoß gegen diese Pflicht zieht keine Konsequenzen nach sich.

2. Unwirksame Klauseln im Arbeitsvertrag werden mit der Unterschrift von beiden Seiten gültig. Wahr oder falsch?

Diese Annahme ist falsch. Unwirksame Klauseln im Arbeitsvertrag gehen meistens mit einer unangemessenen Benachteiligung der Arbeitnehmer einher. Dass bestimmte Klauseln immer wieder auftauchen, hat verschiedene Gründe. Oftmals werden für Arbeitsverträge vorformulierte Muster verwendet, die Arbeitgeber für alle Angestellten einheitlich verwenden. Diese Verträge stellen allgemeine Geschäftsbedingungen dar und unterliegen einer strengen Inhaltskontrolle. Im Rahmen dieser Kontrolle wird überprüft, ob eine konkrete Klausel Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Wenn also Teile des Arbeitsvertrags gegen geltendes Recht verstoßen, sind in der Folge entweder einzelne Klauseln unzulässig und damit nicht wirksam. Im Extremfall ist sogar der gesamte Arbeitsvertrag ungültig. Entscheidend ist, ob die unwirksame Klausel gestrichen werden kann, ohne dass der gesamte Vertrag widersprüchlich wird. Wird eine einzelne Klausel gestrichen, wird sie im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entsprechend ersetzt.

Welche sind die wichtigsten Beispiele für ungültige Klauseln?

Immer wieder wird durch Gerichte festgestellt, dass bestimmte Klauseln in Arbeitsverträgen unwirksam sind. Bei Zweifeln an der Wirksamkeit einzelner Klauseln empfiehlt sich die Überprüfung durch eine Rechtsberatung. Beispiele, die immer wieder auftauchen, sind unter anderem:

  • Unangemessen kurze Ausschlussfristen

    Ein Beispiel für eine unwirksame Klausel im Arbeitsvertrag ist eine zu kurze Frist für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis. Unter solche Forderungen fallen unter anderem offene Gehaltszahlungen oder die Erstattung von Fahrtkosten. Ausschlussfristen sind nicht grundsätzlich unzulässig, sie müssen den Arbeitnehmern nur ausreichend Zeit geben, die Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber / der Arbeitgeberin geltend zu machen. Hier gilt eine Frist von mindestens drei Monaten als angemessen. Wird eine kürzere Ausschlussfrist vereinbart, entfällt sie vollständig. An ihre Stelle tritt stattdessen die gesetzliche Verjährungsfrist. Diese beträgt drei Jahre ab dem Entstehen des Anspruchs. Eine solche Regelung ist deutlich ungünstiger für den Arbeitgeber / die Arbeitgeberin.

  • Pauschale Abgeltung von Überstunden

    Unwirksam ist auch die vollständige pauschale Abgeltung von Überstunden, ohne dass der Arbeitnehmer / die Arbeitnehmerin eine Gegenleistung für ihre Arbeit erhält („Etwaige Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.“). Wer arbeitet, soll dafür auch grundsätzlich entlohnt werden. Überstunden sollen daher entweder bezahlt oder durch Freizeitausgleich abgegolten werden. Wirksam ist eine Regelung, die genau regelt, in welchem Umfang Überstunden geleistet werden sollen („Monatlich sind bis zu XX Überstunden pauschal mit dem Bruttoentgelt abgegolten. Überstunden, die darüber hinaus anfallen, werden auf Grundlage des monatlichen Grundlohnes gesondert vergütet.“).

  • Widerrufsvorbehalt des Arbeitgebers

    Unwirksam ist auch eine Klausel, mit der sich der Arbeitgeber / die Arbeitgeberin vorbehält, der Arbeitnehmern eine Zulage zu zahlen, diese aber auch ohne Angabe eines Grundes widerrufen zu können. Arbeitgeber haben diesbezüglich kein uneingeschränktes Widerrufsrecht. Die Klausel muss eine genaue Begründung enthalten, die die Gründe eines Widerrufs klar formuliert. Damit ist dann ein Widerruf ist nur möglich, wenn die vereinbarten Gründe für den Widerruf vorliegen.

3. Ein 450€- Job ist kein vollwertiges Arbeitsverhältnis. Wahr oder falsch?

Ein 450 €- Job ist ein vollwertiges Arbeitsverhältnis. Es handelt sich um eine Teilzeitbeschäftigung. Die Angestellten sind im Betrieb wie alle anderen Beschäftigten zu behandeln und haben dieselben Rechte und Ansprüche wie alle anderen auch. Dementsprechend steht ihnen Urlaub, Gehalt, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wie den Kolleginnen und Kollegen zu. Und auch für 450€-Kräfte gilt der gesetzliche Mindestlohn. Ausschließlich in Bezug auf die Sozialversicherung, also Kranken-, Pflege- Renten- und Arbeitslosenversicherung – gelten besondere Regeln für den 450 €-Job. Teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer dürfen nicht wegen der Teilzeitarbeit schlechter behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer.

4. Verschwiegenheitsklausel: Es ist zulässig, Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen über das Gehalt, im Arbeitsvertrag zu verbieten. Wahr oder falsch?

Grundsätzlich sind Verschwiegenheitsklauseln zulässig, mit denen Arbeitgeber die Arbeitnehmer verpflichten, ihr Gehalt vertraulich zu behandeln. Diese Verschwiegenheit gilt auch gegenüber Kolleginnen und Kollegen. Allerdings bleibt das Gespräch mit Einzelpersonen aus dem Team oft die einzige Möglichkeit, nachzuvollziehen, wo man sich im Gehaltsgefüge bewegt und ob im Zweifelsfall eine Benachteiligung bei der Gehaltszahlung vorliegt. Klauseln sind daher dann nicht gültig, wenn sie zu pauschal sind. Es muss ein Grund für Arbeitgeber / Arbeitgeberin bestehen, die Verschwiegenheit von den Angestellten zu verlangen. Ein solcher Grund kann dann vorliegen, wenn das Gehalt einen ganz wesentlichen Wettbewerbsfaktor des Unternehmens darstellt.

5. Wenn im Arbeitsvertrag keine Probezeit vereinbart ist, gilt ab dem ersten Tag der gesetzliche Kündigungsschutz. Wahr oder falsch?

Das deutsche Arbeitsrecht sieht keine verpflichtende Probezeit vor. Die Probezeit bestimmt die Dauer der Kündigungsfrist maximal innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses. Wenn im Arbeitsvertrag keine Probezeit vereinbart wird, gilt die 14-tägige gesetzliche Kündigungsfrist nicht. In einem solchen Fall können sich weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer auf die verkürzte Kündigungsfrist berufen. Wurde keine Probezeit vereinbart, gelten ab dem ersten Tag des Arbeitsverhältnisses die gesetzlichen Kündigungsfristen.

Etwas anderes sieht das bei einer Berufsausbildung aus. Laut Gesetz beginnt jedes Ausbildungsverhältnis mit einer Probezeit, die zwischen einem und vier Monaten dauern darf. Oftmals wird unter die Probezeit auch die Wartezeit gefasst. Diese besagt, dass das Kündigungsschutzgesetz erst nach einer ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses von sechs Monaten Anwendung findet. Diese Frist kann nicht umgangen werden. Die Wartezeit ist unabhängig von der Probezeit.

Martin Nebeling

Dr. Martin Nebeling ist Partner in der Kanzlei Bird & Bird. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und leitet das Arbeitsrecht-Team in Deutschland. Er ist außerdem Mitglied der Praxisgruppe Internationales Arbeitsrecht. Dr. Martin Nebeling betreut nationale sowie internationale Mandanten in allen Fragen des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts, insbesondere im Zusammenhang mit umfangreichen geschäftlichen Transaktionen, sowie im Bereich des Schutzes vertraulicher Informationen und von Geschäftsgeheimnissen. Bird & Bird ist eine international führende Anwaltssozietät mit über 1.300 Anwälten in 29 Büros in 20 Ländern in Europa, dem Nahen Osten, dem Asien-Pazifik Raum und Nordamerika.

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