Wie bringt man altersdiverse Teams zu mehr Zufriedenheit und Erfolg? Professor Christian Dries von der INU – Innovative Universität Köln stellt fünf praxisorientierte Ansätze vor. Sein Rat an die Personalverantwortlichen: Weniger auf vermeintliche Generationsunterschiede fokussieren, sondern altersübergreifende Ansätze fördern, die auf den gemeinsamen Erfahrungen und Kompetenzen aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufbauen.
In der heutigen Arbeitswelt stehen Unternehmen vor der Herausforderung, mit einem sich schnell verändernden demografischen Umfeld umzugehen. In den meisten Organisationen arbeiten mittlerweile mehrere Generationen Seite an Seite: von den Babyboomern, über die Generation X bis hin zu den Millennials und der Generation Z, die das neue Jahrtausend prägen.
Auch die Medien haben bereits von den offensichtlichen Unterschieden und Konflikten zwischen den einzelnen Generationen Notiz genommen. Meinungen und Ansichten ganzen Generationen zuzuschreiben, hat sich inzwischen zum Trend entwickelt, Artikel mit den Titeln „Was die Generation Z im Job wirklich reizt“ (Handelsblatt, 2024) oder „Auch die Gen Z will vor allem eines: Ein gutes Gehalt“ (WirtschaftsWoche, 2023) existieren zuhauf. Zudem fallen im Arbeitsalltag immer häufiger Aussagen wie: „Die Generation Z fordert viel zu viel“ oder „Die Boomer-Generation hat eine bessere Arbeitsmoral“. Aber ist eine Kategorisierung wirklich so einfach?
Die Generationsunterschiede – ein Mythos!?
Die Diskussion um Generationenunterschiede ist allgegenwärtig, besonders in der Arbeitswelt. Doch wie stark unterscheiden sich Generationen wirklich in ihren Einstellungen und Arbeitsweisen? Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass diese Unterschiede eher gering sind. Eine umfassende Meta-Analyse (Constanza et al., 2012) zeigte, dass Unterschiede in Arbeitszufriedenheit, organisatorischer Bindung und Kündigungsabsichten zwischen verschiedenen Generationen tatsächlich minimal sind.
Stattdessen sind es der Zeitgeist und das Alter, die den größten Einfluss haben. Eine Studie (Schröder, 2018) basierend auf Daten des sozioökonomischen Panels mit über 551.664 Beobachtungen bestätigt, dass Einstellungen zu Lebenszielen, Sorgen und gesellschaftlichem Engagement über Generationen hinweg erstaunlich konstant bleiben – insbesondere unter Berücksichtigung von Alters- und Periodeneffekten.
Die verbreitete Vorstellung, dass Menschen aus unterschiedlichen Generationen fundamental unterschiedliche Werte haben, findet somit wenig empirische Unterstützung. Vielmehr zeigt sich, dass Altersunterschiede und die jeweiligen historischen und kulturellen Kontexte, in denen Menschen aufwachsen, die wahrgenommenen Unterschiede prägen. Diese Erkenntnisse sollten Personalverantwortliche dazu ermutigen, den Fokus weniger auf vermeintliche Generationsunterschiede zu legen und stattdessen altersübergreifende Ansätze zu fördern, die auf den gemeinsamen Erfahrungen und Kompetenzen aller Mitarbeitenden aufbauen.
Vielfalt als Stärke nutzen und Herausforderungen meistern
Altersdiverse Teams vereinen eine breite Palette an Erfahrungen, Perspektiven und Fähigkeiten. Ältere Mitarbeitende bringen oft umfangreiches Wissen und langjährige Berufserfahrungen mit, während jüngere Kolleginnen und Kollegen frische Ideen und technologische Affinität einbringen. Diese Kombination kann Innovationen und Kreativität fördern sowie die Problemlösungskompetenz im Team steigern. Wenn unterschiedliche Perspektiven zusammenkommen, können komplexe Herausforderungen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und innovative Lösungen entwickelt werden.
Trotz dieser Vorteile gebt es auch erhebliche Risiken: Unterschiedliche Werte, Kommunikationsstile und Erwartungen können zu Missverständnissen und Konflikten führen. Altersbezogene Vorurteile und Stereotype können zudem die Zusammenarbeit weiter erschweren und das Betriebsklima belasten. Aus wissenschaftlicher Perspektive kann der – von vielen postulierte und der Altersdiversität zugeschriebene – Gewinn für das Unternehmen nicht ohne weiteres nachgewiesen werden. So konnten Kunze et al. im Jahr 2013 bereits aufdecken, dass sich Altersdiversität – insbesondere moderierend durch ein altersdiskriminierendes Klima – negativ auf die Performance auswirken kann.
Altersdiverse Teams: Strategien zur Förderung der Zusammenarbeit
Dabei kann insbesondere ein diversitätsfreundliches Personalmanagement, wie beispielsweise Training für Mitarbeitende und Führungskräfte zur Förderung von effektivem Diversitätsmanagement, einen wertvollen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.
Als zentraler Dreh- und Angelpunkt für den Erfolg von Unternehmen spielen die Zufriedenheit der Mitarbeitenden ebenso wie die der Führungskräfte eine entscheidende Rolle. Zufriedene Mitarbeitende sind produktiver, engagierter und loyaler, was die Mitarbeiterfluktuation reduziert und die Kontinuität im Unternehmen sichert. Sie fühlen sich wertgeschätzter und sind motivierter, zum Erfolg des Unternehmens beizutragen, was die Arbeitsatmosphäre und den Teamgeist fördert (vgl. u. a. Judge et al., 2007; Felfe & Six, 2006). Aber wie bringt man altersdiverse Teams zu mehr Zufriedenheit und somit auch zu mehr Erfolg? Diese Ansätze sind vielversprechend:
1. Individuelle Förderung und Weiterentwicklung
Identifizieren und fördern Sie die individuellen Stärken jedes Teammitglieds. Personalisierte Entwicklungspläne können helfen, Potenziale auszuschöpfen. Beispielsweise können jüngere Mitarbeitende durch Mentoring-Programme von der Erfahrung älterer Kolleginnen und Kollegen profitieren, während ältere Mitarbeitende durch gezielte Schulungen im Umgang mit neuen Technologien unterstützt werden.
2. Wissensaustausch und Networking
Schaffen Sie Gelegenheiten für den Wissensaustausch zwischen den Generationen. Mentoring-Programme, Lunch-and-Learn-Sessions und intergenerationale Projektteams sind bewährte Methoden, um den Austausch zu fördern und das Wissen innerhalb des Teams zu verbreiten.
3. Gesundheitsmanagement
Ein betriebliches Gesundheitsmanagement, das auf die Bedürfnisse jüngerer sowie älterer Mitarbeitende eingeht, kann deren Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden steigern. Angebote wie ergonomische Arbeitsplatzgestaltung, Gesundheitskurse und flexible Pausenzeiten sind hierbei besonders wichtig.
4. Konfliktmanagement
Implementieren Sie ein strukturiertes Konfliktmanagement, um Missverständnisse und Spannungen frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Entwicklungsmaßnahmen, Mediationen und regelmäßige Teammeetings können dazu beitragen, eine offene Kommunikationskultur zu etablieren.
5. Sicherheit und Transparenz
Fördern Sie eine Kultur der Sicherheit und Transparenz, in der sich alle Teammitglieder wohl fühlen, ihre Meinungen und Ideen zu teilen. Dies kann durch regelmäßige Feedback-Sitzungen und transparente Entscheidungsprozesse unterstützt werden.
Ein Schlusswort
Aufgrund des demographischen Wandels nimmt der Anteil älterer Mitarbeitenden in vielen Unternehmen stetig zu, wodurch die Altersstruktur der Belegschaft immer vielfältiger wird (KOFA, 2022). Diese Entwicklung erfordert gezielte Maßnahmen, um altersdiverse Teams effektiv zu unterstützen und ihr volles Potenzial zu entfalten.
Ohne entsprechende Strategien und Programme besteht die Gefahr, dass Altersdiskriminierung und Generationenkonflikte zunehmen, was die Zusammenarbeit und Produktivität beeinträchtigen können. Daher ist essenziell, altersdiverse Teams aktiv zu entwickeln und die Zusammenarbeit zwischen den Generationen zu stärken, um langfristig erfolgreich und wettbewerbsfähig zu bleiben.
Dies ist ein Ausschnitt des Orange Papers: „Strong Together“: success Strategies for Cross-Age-Collaboration (Gemeinsam stark – Erfolgsstrategien für altersübergreifende Zusammenarbeit) von Acture Germany und dem Institut für Managementberatung (KI.M). Das ausführliche Paper finden Sie hier.
Lesen Sie auch die folgenden Beiträge:
- Drei Ansätze: So gelingt altersübergreifende Teamarbeit
- Generationenübergreifendes Arbeiten: Wider die große Sprachlosigkeit
- Wie Sie Altersvielfalt im Bewerbungsverfahren fördern
Prof. Dr. Christian Dries ist seit über 18 Jahren Professor für Wirtschaftspsychologie, zuerst an der Hochschule Fresenius und seit 2024 an der INU – Innovative University in Köln. Zudem ist er Geschäftsführer des Kölner Instituts für Managementberatung und seit 2014 Präsident der Gesellschaft für angewandte Wirtschaftspsychologie (GWPs).
Seine Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Feedbacksysteme in Organisationen, Kompetenzmodelle und die Dark Triad der Persönlichkeit. In der Lehre deckt er Themen wie Personalauswahl, Personalmarketing & Recruiting, Personalentwicklung sowie Personalführung ab. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie“.